Arbeitsrecht -

Kündigung per E-Mail und PDF unwirksam

LAG Düsseldorf, Urt. v. 25.06.2012 - 14 Sa 185/12

Eine Kündigung per E-Mail oder PDF-Dokument ist formunwirksam. Sich allein auf die Zusage eines Arbeitnehmers zu verlassen, dass er dieKündigung per E-Mail oder PDF akzeptieren werde, birgt für Arbeitgeber ein Risiko.{DB:tt_content:2566:bodytext}

Darum geht es

Arbeitgeber und Arbeitnehmer streiten um die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen. Der Arbeitnehmer war als Director Sales beschäftigt. Sein Bruttogehalt betrug fast 10.000 € monatlich. Das Arbeitsverhältnis begann am 01.03.2011. Es war eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart. Innerhalb dieser Probezeit konnte das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen beendet werden. Die Probezeit endete nach Ablauf der sechs Monate, also mit dem 31.08.2011. Nach Ablauf der Probezeit hatten die Parteien im Arbeitsvertrag eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende vereinbart.

Am 30.08.2011 fand zwischen den Parteien ein Gespräch statt und der Geschäftsführer der Arbeitgeberin bat den Arbeitnehmer am nächsten Tag, erneut an dem etwa 200 Kilometer entfernten Firmensitz zu erscheinen. Einen Tag später erklärte der Arbeitnehmer telefonisch, dass es für den Ausspruch einer Kündigung keiner Fahrt zum Firmensitz bedürfe. Aus diesem Grunde kündigte die Arbeitgeberin am 31.08.2011 per E-Mail das Arbeitsverhältnis und fügte eine eingescannte unterschriebene Kündigung im PDF-Format an.

Der Arbeitnehmer bat noch am gleichen Tag darum, ihm eine Kündigung im Original zuzusenden.

Am 10.09.2011 wurde der Arbeitnehmer freigestellt. Das Kündigungsschreiben vom 31.08.2011 ging ihm postalisch am 12.09.2011 zu. Am 14.09.2011 wurde ihm ein gleichlautendes Schreiben nochmals persönlich übergeben. m 15.09.2011 erhielt der Arbeitnehmer eine weitere Kündigung zum 15.10.2011, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin.

Gegen die Kündigungen legte der Arbeitnehmer Kündigungsschutz- und Zahlungsklage ein. Er beantragte dabei in der ersten Instanz festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 15.09.2011 nicht aufgelöst wurde, sondern ungekündigt fortbesteht. Weiterhin stellte er einen Antrag auf Weiterbeschäftigung.

In der zweiten Instanz beantragte er festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien bis zum 31.12.2011 fortbesteht.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Landesarbeitsgericht hielt zunächst die Kündigung per E-Mail für unwirksam. Die Schriftform des § 623 BGB wurde nicht gewahrt. Soweit die Arbeitgeberin vorgetragen hatte, dass der Arbeitnehmer sich nicht auf die Formunwirksamkeit berufen könne, ist das Gericht diesem Vortrag nicht gefolgt. Zwar hatten beide Seiten von der Formunwirksamkeit Kenntnis, aber gerade die beiderseitige Kenntnis führte dazu, dass keine Partei schutzwürdig war. Der Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB ist in diesem Fall nicht anzuwenden. Soweit sich der Arbeitnehmer unter Umständen widersprüchlich verhalten hat, führt auch dieses Verhalten nicht zu einer Formunwirksamkeit, da das Ergebnis dazu schlechthin untragbar sein muss. Dies war jedoch nicht der Fall.

Das Arbeitsverhältnis wurde auch nicht durch den Zugang des Originals des Kündigungsschreibens vom 31.08.2011 am 12.9.2011 und vom 14.09.2011 zum 14.09.2011 beendet. Fraglich war hier, ob der Kläger diese Kündigung überhaupt mit seiner Klage angegriffen hat. Denn mit seinen Klageanträgen hat er sich nur gegen die Kündigung vom 15.09.2011 durch eine Kündigungsschutzklage zur Wehr gesetzt.

Das LAG Düsseldorf hat sich jedoch auf die ständige Rechtsprechung des BAG berufen und auch dieses Argument der Arbeitgeberin nicht durchgehen lassen. Dabei hat es sich zunächst mit der punktuellen Streitgegenstandstheorie auseinandergesetzt.

Danach muss das Arbeitsgericht lediglich feststellen, dass ein Arbeitsverhältnis nicht durch die angegriffene Kündigung aufgelöst worden ist, das heißt, dass das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Kündigungstermins noch bestanden hat. Deshalb konnte die Kündigung vom 15.09.2011 das Arbeitsverhältnis nur dann beenden, wenn zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Somit reichte es aus, nur die zeitlich spätere Kündigung vom 15.09.2011 anzugreifen. Die zuvor ausgesprochenen Kündigungen waren dabei prozessual mit zu beurteilen.

Außerdem hatte der Arbeitnehmer den allgemeinen Feststellungsantrag gestellt. Auch dadurch wurde dem Arbeitgeber erkennbar, dass es dem Arbeitnehmer nicht nur darum ging, die Kündigung vom 14.09.2011 isoliert anzugreifen.

Die erste Kündigung zum 14.09.2011 wahrte zudem nicht die Frist des § 4 KSchG, denn diese Kündigung wurde - wie zuvor dargestellt - nicht explizit angegriffen. Aber auch das half der Arbeitgeberin nicht, denn dieser Fehler konnte auch außerhalb der fristgebundenen Klage geltend gemacht werden, da es „nur" um die Nichteinhaltung der richtigen Kündigungsfrist ging.

Folgerungen aus der Entscheidung

Die Arbeitgeberin musste also die Verzugslöhne für fast vier Monate bis zum 31.12.2011 zahlen. Eine Kündigung per E-Mail ist grundsätzlich formunwirksam. Dies gilt nach Ansicht des LAG Düsseldorfs insbesondere dann, wenn beide Parteien die Formunwirksamkeit kennen.

Werden einzelne Kündigungserklärungen nicht angegriffen, kann dies unschädlich sein, wenn sie vor der angegriffenen Kündigung ausgesprochen wurden und nur die falsche Berechnung der Kündigungsfrist geltend gemacht werden soll.

Praxishinweis

Es zeigt sich wieder einmal, dass es günstiger gewesen wäre, einen Boten mit der Zustellung der Kündigungserklärung zu beauftragen. Sich allein auf die Zusage eines Arbeitnehmers zu verlassen, dass er die Kündigung per E-Mail oder PDF akzeptieren werde, birgt immer ein Risiko.

Weiterhin ist einem Arbeitnehmer zu raten, grundsätzlich alle Kündigungserklärungen mit entsprechenden Feststellungsanträgen vor den Arbeitsgerichten anzugreifen. Denn im vorliegenden Fall hat der Arbeitnehmer wirklich Glück gehabt. Wäre es bei der ersten Kündigung um mehr als nur um eine falsche Kündigungsfrist gegangen, wäre die Klage verspätet gewesen.

Quelle: RA Arno Schrader - vom 10.09.12