Arbeitsrecht -

Falsche Beantwortung der Frage nach einer Schwerbehinderung

BAG, Urt. v. 07.07.2011 - 2 AZR 396/10

Die falsche Beantwortung einer dem Arbeitnehmer bei der Einstellung zulässigerweise gestellten Frage kann den Arbeitgeber dazu berechtigen, den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Das setzt jedoch voraus, dass die Täuschung für den Abschluss des Arbeitsvertrags ursächlich war. Wirkt sich die Täuschung im Arbeitsverhältnis weiterhin aus, kann zudem eine Kündigung gerechtfertigt sein.{DB:tt_content:2566:bodytext}

Darum geht es:

Die Klägerin hatte bei der Einstellung die Frage nach dem Bestehen einer Schwerbehinderung unzutreffend verneint. Die Täuschung war jedoch nicht ursächlich für den Abschluss des Arbeitsvertrags. Die Beklagte hat ausdrücklich erklärt, sie hätte die Klägerin auch dann eingestellt, wenn diese die Frage wahrheitsgemäß beantwortet hätte.

Auf dieser Grundlage hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts - ebenso wie die Vorinstanzen - entschieden, dass die von einem größeren Softwareunternehmen erklärte Anfechtung und Kündigung des Arbeitsvertrags der Außendienstmitarbeiterin unwirksam sind.

Wesentliche Entscheidungsgründe:

Die Beklagte vermochte Anfechtung und Kündigung auch nicht darauf zu stützen, dass die Klägerin sie zugleich über ihre Ehrlichkeit getäuscht habe. Die Annahme der Beklagten, die Klägerin sei ehrlich, beruhte nicht auf deren falscher Antwort. Auf die seit In-Kraft-Treten des § 81 Abs. 2 SGB IX zum 01.07.2001 und des AGG zum 18.08.2006 umstrittene Frage, ob sich der Arbeitgeber vor der Einstellung nach dem Bestehen einer Schwerbehinderung erkundigen darf, kam es nicht an.

Die Klägerin ihrerseits hat keinen Anspruch auf Entschädigung wegen einer Diskriminierung. Es gab keine ausreichenden Indiztatsachen dafür, dass sie von der Beklagten wegen ihrer Behinderung benachteiligt wurde. Der Senat hat nicht entschieden, ob § 15 AGG bei unzulässig diskriminierenden Kündigungen überhaupt anwendbar ist.

Quelle: BAG - Pressemitteilung vom 07.07.11