Arbeitsrecht -

Antrag auf Kostenübernahme einer Betriebsratsschulung

BAG, Beschl. v. 12.01.2011 – 7 ABR 94/09

Unter bestimmten Voraussetzungen können auch Rhetorikseminare erforderliche Betriebsratsschulungen sein. Soll die Kostenübernahme gerichtlich durchgesetzt werden, muss der Antrag Angaben zu Ort, Zeit, Kosten der Maßnahme und Aussagen zur Erforderlichkeit der Schulung enthalten.{DB:tt_content:2566:bodytext}

Darum geht es:

Betriebsratsmitglieder sind nach § 37 Abs. 6 BetrVG für die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen freizustellen, sofern diese Kenntnisse vermitteln, die für ihre Arbeit erforderlich sind. Der Anspruch umfasst

  • die Teilnahme an einer erforderlichen Schulung,
  • die Freistellung von der Arbeit bei Entgeltfortzahlung,
  • die Übernahme der Seminargebühren,
  • die Übernahme der Unterkunfts- und Verpflegungskosten,
  • die Übernahme der Fahrtkosten für Hin- und Rückfahrt zum Seminarort.


Hauptstreitpunkt ist immer wieder, wann eine Schulung „erforderlich“ i.S.d. § 37 Abs. 6 BetrVG ist. So auch in dem vorliegenden Fall.

Ein Betriebsratsvorsitzender steht einem 13-köpfigen Betriebsrat vor und ist freigestellt. Der Betriebsrat und der Betriebsausschuss beschlossen, dass er an verschiedenen Rhetorikschulungen teilnehmen sollte. Die Seminare sollten in den Jahren 2007 bis 2009 stattfinden. Die Arbeitgeberin lehnte es jedoch ab, die Kosten hierfür zu übernehmen.

Vor dem BAG haben der Betriebsratsvorsitzende und der Betriebsrat beantragt festzustellen,

  • „dass die Teilnahme des Betriebsratsvorsitzenden an einer einwöchigen Schulungsveranstaltung „Rhetorik für Betriebsräte – Teil 1“, ausgerichtet von der Akademie für Arbeits- und SozialR GmbH, H, erforderlich ist;
  • hilfsweise die Arbeitgeberin zu verpflichten, den Betriebsratsvorsitzenden von den Schulungskosten eines Rhetorikseminars bei dem Schulungsträger A …, zuzüglich anfallender Übernachtungs- und Verpflegungskosten für ein Wochenseminar und den Fahrtkosten freizustellen;
  • weiter hilfsweise die Arbeitgeberin zu verpflichten, den Betriebsratsvorsitzenden von den Schulungskosten eines noch zu benennenden anderen Seminarträger … freizustellen und die Erforderlichkeit der Teilnahme an einer Betriebsratsschulung „Rhetorik für Betriebsräte…“ festzustellen.“


Wesentliche Entscheidungsgründe:

Das BAG hat die Anträge als unzulässig abgewiesen, da sie den Anforderungen an die Bestimmtheit eines Antrags nicht genügen. Gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Antragsschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. In dem hier gestellten Antrag bleibt jedoch unklar, zu welcher konkreten Schulung der Betriebsrat seinen Vorsitzenden entsenden möchte.

Grundsätzlich hält das BAG aber fest, dass Kenntnisse der Rhetorik für einen Betriebsratsvorsitzenden durchaus erforderlich sein können. Das Betriebsratsmitglied muss jedoch einen aktuellen oder betriebsratsbezogenen Anlass darlegen, aus dem sich der Schulungsbedarf ergibt. Letztendlich muss also dargestellt werden, dass der Betriebsrat seine gesetzlichen Aufgaben nur dann sachgerecht erfüllen kann, wenn bestimmte Betriebsratsmitglieder über rhetorische Fähigkeiten verfügen.

Das BAG erkennt an, dass es teilweise unmöglich werden kann, vor dem Schulungsbesuch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung über deren Erforderlichkeit herbeizuführen. Hier verlagert das Gericht das Risiko auf die Betriebsräte. Gegebenenfalls sind deren Rechte zunächst wahrzunehmen und erst danach ist gerichtlich zu klären, ob dies berechtigterweise geschah und der Arbeitgeber die Kosten zu übernehmen hat. Offen lässt das BAG, ob der Betriebsrat oder das zu schulende Mitglied einen Vorschuss des Arbeitgebers auf die Kosten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verlangen kann.

Folgerungen aus der Entscheidung:

Der Beschluss des BAG ist eine bittere Niederlage für Betriebsräte. Angesichts der enormen Kosten, die beispielsweise für ein einwöchiges Seminar entstehen können, werden Betriebsratsmitglieder die Kosten kaum vorstrecken und bis zum rechtskräftigen Abschluss eines gerichtlichen Verfahrens über die Kostenerstattung warten können – insbesondere, da der Betriebsrat als Gremium kein eigenes Vermögen hat, das er einsetzen könnte.

Allerdings ist der Verweis auf § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht von der Hand zu weisen. Aus formaljuristischen Gründen ist dem BAG voll zuzustimmen, dass in der Antragsschrift Angaben zu Ort, Zeitpunkt, Inhalt der Schulung und Aussagen zur Erforderlichkeit zwingend geboten sind.

Praxishinweis:

Anträge auf Kostenübernahme von Schulungsmaßnahmen sollten sorgfältig gestellt werden. Ort, zeitliche Lage, Veranstalter und die Problematik der Erforderlichkeit sind umfassend darzustellen. Auch sollte versucht werden, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ein Vorschuss des Arbeitgebers zu verlangen. Das gilt jedenfalls dann, wenn Betriebsräte keine Möglichkeit haben, das Geld von sich aus vorzustrecken. Ob Arbeitgeber, falls sie einen späteren Rechtsstreit gewinnen, das Geld zurückerhalten, steht auf einem anderen Blatt, denn nach § 818 Abs. 3 BGB entfällt die Verpflichtung zur Herausgabe des Geldes, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

Quelle: RA und FA für Arbeitsrecht Arno Schrader - vom 17.05.11