Arbeitsrecht -

Anspruch auf ein Arbeitszeugnis

Die Rechtsprechung setzt als Wert für Streitigkeiten um ein Arbeitszeugnis regelmäßig ein Bruttomonatsgehalt oder weniger an. Daran messen sich die anwaltlichen Gebühren, die dann ebenfalls sehr niedrig sind. Das wird der heutigen Bedeutung eines Arbeitszeugnisses nicht gerecht. Quasi als Fortsetzung dieser fatalen Ideologie nehmen auch die meisten Arbeitnehmer die Bedeutung eines Arbeitszeugnisses nicht ernst genug.

Wer heute bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses dem Thema Arbeitszeugnis keine ausreichende Beachtung schenkt, läuft Gefahr, dass ihm daraus bei Bewerbungen in den folgenden fünf bis zehn Jahren erhebliche Nachteile erwachsen. Finanziell betrachtet liegen diese sicher weit über einem Bruttomonatsgehalt. Der nachfolgende Beitrag soll einen ersten Überblick über die im Zusammenhang mit dem Arbeitszeugnis regelmäßig auftretenden Probleme bieten.{DB:tt_content:2566:bodytext}

1. Anspruch auf ein Arbeitszeugnis bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Jeder Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Arbeitszeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Dauer und Art der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitszeugnis (qualifiziertes Arbeitszeugnis) erstrecken. Letzteres ist heutzutage üblich und sollte unbedingt auch verlangt werden.

2. Anspruch auf ein Arbeitszeugnis während des Arbeitsverhältnisses
Verlangt der Angestellte das Arbeitszeugnis schon während der Dauer des Dienstverhältnisses, so ist ihm ein solches auf seine Kosten auszustellen. Natürlich verlangen die Arbeitgeber regelmäßig keine Kostenerstattung.

3. Anspruch auf ein Zeugnis bei Beendigung des Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnisses
Grundsätzlich besteht der Anspruch auf Erteilung eines Endzeugnisses erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, d. h. spätestens nach Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfrist. Allerdings kann der Arbeitnehmer bereits bei Ausspruch der Kündigung auf einem sogenannten vorläufigen Beendigungszeugnis bestehen. Wenn der Arbeitnehmer gegen die Kündigung vor dem Arbeitsgericht klagt (Kündigungsschutzklage) und bei Ablauf der Kündigungsfrist der Rechtsstreit noch nicht entschieden ist, kann er trotzdem ein vorläufiges Beendigungszeugnis verlangen. Das vorläufige Arbeitszeugnis ersetzt allerdings nicht das abschließende Arbeitszeugnis, das nach Ablauf der Kündigungsfrist zu erstellen ist.

4. Zwischenzeugnis bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses
Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch darauf, dass die Formulierungen aus dem vorläufigen Arbeitszeugnis oder aus einem früheren Zwischenzeugnis in das endgültige Arbeitszeugnis übernommen werden. Allerdings verschaffen ihm derartige Zeugnisse eine Beweiserleichterung bei einem Angriff auf eine spätere schlechtere Bewertung. Deshalb sollte der Arbeitnehmer unbedingt bereits während des noch störungsfrei verlaufenden Arbeitsverhältnisses ein Zwischenzeugnis verlangen. Wenn der Arbeitgeber später verärgert ist und willkürlich eine schlechtere Bewertung gibt, hat man im Berichtigungsprozess viel bessere Aussichten.

5. Form und Inhalt des Arbeitszeugnisses
Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine versteckten Hinweise enthalten oder mehrdeutige Äußerungen, die von Dritten als solche versteckten Hinweise gedeutet werden könnten. Das Arbeitszeugnis darf insbesondere auch keine Rechtschreib-, Grammatik- oder Tippfehler enthalten, da auch diese künftigen Arbeitgebern als verdeckte Hinweise, bzw. mangelnde Wertschätzung gedeutet werden könnten.
Das Arbeitszeugnis muss schriftlich auf dem üblichen Briefpapier des Arbeitgebers erteilt werden. Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form (Fax, Mail usw.) ist unzulässig.

Das Arbeitszeugnis darf im Briefkopf nicht die Anschrift des Arbeitnehmers enthalten. Das Ausstellungsdatum im Arbeitszeugnis sollte der letzte Tag des Beschäftigungsverhältnisses sein, egal ob es sich dabei um einen Sonn-, Feier- oder Werktag handelt und selbst wenn die tatsächliche Ausstellung schon früher oder erst später erfolgt. Ein frühes oder späteres Ausstellungsdatum auf dem Arbeitszeugnis kann als Indikator für Probleme interpretiert werden. Fordert der Arbeitnehmer erst nach dem Ausscheiden ein Arbeitszeugnis, kann das seinen Anspruch auf eine Rückdatierung gefährden.

6. Klage auf Verbesserung des Arbeitszeugnisses
Der Arbeitnehmer sollte das Arbeitszeugnis nach Erhalt sorgfältig prüfen und ggf. den Arbeitgeber auf Änderung in Anspruch nehmen. Er kann den Arbeitgeber auch vor dem Arbeitsgericht verklagen. Einen Anspruch auf bestimmte Formulierungen im Arbeitszeugnis besteht grundsätzlich nicht. Allerdings ist den Arbeitgebern ein Zeugnisstreit häufig sehr lästig. Außerdem kostet er Geld selbst wenn der Arbeitgeber gewinnt, da in der ersten Instanz beide Seiten ihre eigenen Kosten tragen und eine Erstattung durch den Unterlegenen nicht stattfindet. Auch die Richter haben an solchen aus ihrer Sicht unfruchtbaren Streitigkeiten kein übermäßiges Interesse. Das steigert die Vergleichsbereitschaft enorm, so dass unterm Strich derartige Verfahren oft zur Zufriedenheit des Arbeitnehmers beendet werden.
Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Berichtigung des Zeugnisses verwirkt, wenn er zu spät angemeldet wird. Das geschieht bereits fünf bis zehn Monate nach Zeugniserteilung. Danach kann sich der Arbeitgeber in jedem Fall darauf einstellen, dass der Arbeitnehmer das Zeugnis inhaltlich akzeptiert hat.

Quelle: RA Alexander Bredereck - Pressemitteilung vom 06.04.11