Arbeitsrecht -

Anfechtung eines Aufhebungsvertrags

Die Ankündigung einer ernsthaft in Betracht gezogenen Kündigung ist kein Grund, einen daraufhin geschlossenen Aufhebungsvertrag anzufechten.

LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 08.12.2009 — 2 Sa 223/09 (rechtskräftig)

Darum geht es

Knapp 20 Jahre lang hatte die Klägerin als Pflegekraft in einem Alten- und Pflegeheim gearbeitet, als die Pflegedienstleiterin von Anschuldigungen gegen die Altenpflegerin erfuhr. Andere Pflegekräfte hatten Vorwürfe geäußert, dass die Kollegin Heimbewohner misshandelt (gewaltsames Füttern und Zähneputzen, Zufügen von Hämatomen durch grobe Pflegehandlungen) und beschimpft habe („blöde Kuh“, „stirb doch endlich“). Nach weiteren Recherchen konfrontierte der Personalleiter die Altenpflegerin mit den Vorwürfen und hielt ihr vor, dass der Verdacht bestehe, sie verletze ihr im Nachtdienst anvertraute Schutzbefohlene durch physische und psychische Gewalt. Die Klägerin stritt die Vorwürfe ab. Daraufhin kündigte der Personalleiter ihr eine fristlose Kündigung an, gleichzeitig bot er ihr als Alternative den Abschluss eines Auflösungsvertrages an. Letzterem stimmte die Klägerin zu, wartete, bis der Vertrag vorbereitet war und unterschrieb ihn sodann. Zwei Tage später focht sie den Auflösungsvertrag wegen widerrechtlicher Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung an.

Das Arbeitsgericht wies die Anfechtungsklage ab. Die Berufung der Klägerin hatte vor dem Landesarbeitsgericht keinen Erfolg.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Eine Altenpflegerin kann einen abgeschlossenen Aufhebungsvertrag dann nicht wegen vorausgegangener Androhung einer außerordentlichen Kündigung anfechten, wenn der Arbeitgeber aufgrund von detaillierten Vorwürfen mehrerer Mitarbeiter nach Recherchen und nach Anhörung der Pflegekraft davon ausgegangen ist, sie habe Heimbewohner misshandelt und beschimpft und er deshalb eine fristlose Kündigung in Erwägung gezogen hat.

Keine Nötigung

Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass die Beklagte sie zum Abschluss des Auflösungsvertrages unter widerrechtlicher Androhung einer fristlosen Kündigung genötigt habe. Vorwürfe müssen im {DB:tt_content:2566:bodytext}

Anfechtungsprozess: Kein Beweis nötig, dass Vorwürfe tatsächlich zutreffen

Vielmehr habe die Beklagte aufgrund ihres Kenntnisstandes bei dem von ihr durch Befragungen ermittelten Sachverhalt eine außerordentliche Kündigung ernsthaft in Erwägung ziehen dürfen. Dass die Vorwürfe tatsächlich zutreffen, müsse im Anfechtungsprozess nicht vom Arbeitgeber bewiesen werden.

Quelle: LAG Schleswig-Holstein - Pressemitteilung vom 28.04.10