In einigen Städten gelten wegen des angespannten Wohnungsmarkts „Zweckentfremdungsverbote“, die sicherstellen sollen, dass vorhandener Wohnraum auch tatsächlich genutzt wird. Nach einer Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin verstößt ein Abriss von Mietwohnraum aber nicht gegen das Verbot der Zweckentfremdung, wenn auf demselben Grundstück Eigentumswohnungen entstehen sollen.
Darum geht es: Abriss und geplanter Neubau
Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines Grundstücks in Berlin-Wilmersdorf, das mit einem sechsgeschossigen, seit 2011 leerstehenden Wohngebäude bebaut ist. Die Antragstellerin plant auf dem Grundstück den Abriss des Wohngebäudes und die Errichtung eines Neubaus, der 58 Eigentumswohnungen mit zwei bis vier Zimmern und einer Größe zwischen 40 m² und 96 m² umfasst.
Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin forderte die Antragstellerin nach Anzeige des Bauvorhabens sofort vollziehbar auf, das Haus instand zu setzen und 15 Wohnungen wieder Wohnzwecken zuzuführen. Durch die geplante Neuerrichtung von Eigentumswohnungen werde einem Teil der Bevölkerung bezahlbarer Wohnraum entzogen.
Vewaltungsgericht Berline stoppt die behördliche Anordnung
Das Verwaltungsgericht Berlin hat die behördliche Anordnung gestoppt. Der mit dem Abriss einhergehende Verlust von Wohnraum sei hinzunehmen, weil zugleich angemessener Ersatzwohnraum geschaffen werde.
Das seit 2014 in Berlin geltende Zweckentfremdungsverbot solle nur verhindern, dass vorhandener Wohnraum dem Wohnungsmarkt entzogen werde, etwa durch die Umwandlung von Wohn- in Gewerberaum oder in Ferienwohnungen. Eine Zweckentfremdungsgenehmigung könne daher beanspruchen, wer für den geplanten Abriss von Wohnraum einen für den Wohnungsmarkt ausgleichenden Ersatzwohnraum verlässlich schaffe.
Dies sei hier der Fall. Dem stehe weder der höhere Standard der neuen Wohnungen noch der Umstand entgegen, dass statt Mietwohnraum nunmehr Eigentumswohnungen entstünden. Eine Grenze sei erst erreicht, wenn Wohnungen im Luxussegment entstünden. Das sei hier nicht erkennbar.
Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.
Verwaltungsgericht Berlin, Beschl. v. 15.10.2015 - VG 1 L 317.15
Quelle: Verwaltungsgericht Berlin, Pressemitteilung v. 27.10.2015