Ist der Aufenthaltsort einer Person unbekannt und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich, kann die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen (§ 185 Nr. 1 ZPO).
Dasselbe gilt, wenn eine Zustellung im Ausland nicht möglich ist oder keinen Erfolg verspricht oder die Zustellung deshalb nicht erfolgen kann, weil der Ort der Zustellung die Wohnung einer Person ist, die nach den §§ 18–20 GVG der Gerichtsbarkeit nicht unterliegt (§ 185 Nr. 3 und 4 ZPO).
Bei juristischen Personen, die zur Anmeldung einer inländischen Geschäftsanschrift verpflichtet sind, kann eine öffentliche Zustellung bereits dann vorgenommen werden, wenn eine Zustellung weder unter der eingetragenen Anschrift noch unter einer im Handelsregister eingetragenen Anschrift einer für Zustellungen empfangsberechtigten Person oder einer ohne Ermittlungen bekannten anderen inländischen Anschrift möglich ist (§ 185 Nr. 2 ZPO i.d.F. v. 01.11.2008).
Eine öffentliche Zustellung scheidet aus, wenn eine Ersatzzustellung nach § 180 ZPO an eine bekannte Postfachanschrift möglich ist (BGH v. 14.06.2012 – V ZB 182/11).
Zustellung an Dritte
§ 185 ZPO setzt nicht voraus, dass es sich um eine Partei handelt, an die mittels öffentlicher Zustellung ein Schriftstück zugestellt werden soll. Demnach kann eine öffentliche Zustellung auch an den Drittschuldner vorgenommen werden, um diesem z.B. den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zuzustellen.
Bewilligung der öffentlichen Zustellung
Die öffentliche Zustellung setzt die Bewilligung durch das Prozessgericht voraus (§ 186 Abs. 1 ZPO).
Im Mahn- sowie im Vollstreckungsverfahren obliegt die Bewilligung dem Rechtspfleger. Für die Bewilligung der öffentlichen Zustellung einer vollstreckbaren Urkunde ist in entsprechender Anwendung des § 797 Abs. 3 ZPO das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der die Urkunde verwahrende Notar seinen Amtssitz hat (BayObLG, NJW-RR 1990, 64).
Die Bewilligung ist von Amts wegen zu erteilen, wenn sich eine von Amts wegen zu bewirkende Zustellung als nicht durchführbar i.S.d. § 185 ZPO erweist und nach der Einschätzung des Gerichts die öffentliche Zustellung unter Berücksichtigung der Rechte der Beteiligten erforderlich, aber auch vertretbar ist.
Ist eine Kommunikationsmöglichkeit des Adressaten bekannt (z.B. E-Mail-Adresse), so ist diese zu nutzen, um den Empfänger der öffentlichen Zustellung davon zu unterrichten (OLG München v. 20.12.2018 – 25 W 962/18).
Notwendige Nachforschungen
Wann das Gericht von der Undurchführbarkeit einer Zustellung ausgehen kann, ist umstritten. Teilweise wird die Meinung vertreten, es genüge eine Nachfrage beim Einwohnermelde- und Postamt des letzten bekannten Wohnsitzes des Zustellungsempfängers (OLG Naumburg, NJWRR 2001, 1148, 1149; LG Berlin, NJW-RR 1991, 1152; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 21. Aufl., § 203 Rdnr. 6; Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 185 n.F. Rdnr. 7).
Nach Ansicht des BGH (v. 14.02.2003 – IXa ZB 56/03) richten sich die jeweils notwendigen Nachforschungen nach dem zuzustellenden Schriftstück und den mit der Zustellung verbundenen Wirkungen.
Bei der Zustellung einer Klageschrift oder eines Urteils ist danach eine Nachfrage bei dem o.g. Einwohnermelde- bzw. Postamt wohl nicht ausreichend. Dagegen genügt sie für den Fall der Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Schuldner.
Unwirksame Zustellung
Die öffentliche Zustellung einer Klageschrift und eines Urteils ist unwirksam, wenn ihre Voraussetzungen nicht vorlagen und dies das die öffentliche Zustellung bewilligende Gericht hätte erkennen können (BGH v. 19.12.2001 – VIII ZR 282/00).
Ist die öffentliche Zustellung gemessen an den Voraussetzungen des § 185 ZPO unwirksam, ist es dem von der Unwirksamkeit Begünstigten jedoch verwehrt, sich auf diese zu berufen, wenn er zielgerichtet versucht hat, eine Zustellung, mit der er sicher rechnen musste, zu verhindern.
In einem solchen Fall ist das Berufen auf die Unwirksamkeit rechtsmissbräuchlich und damit unbeachtlich (BGH v. 28.04.2008 – II ZR 61/07).
Zustellung im Parteibetrieb
Die öffentliche Zustellung eines Schriftstücks im Parteibetrieb (z.B. notarielle Urkunde als Vollstreckungstitel) wird nur auf Antrag der interessierten Partei bewilligt.
Dabei müssen die Voraussetzungen des § 185 ZPO glaubhaft dargestellt werden. Nach Ansicht des OLG München (FamRZ 1999, 446) müsse darüber hinaus vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, dass alles Zumutbare unternommen wurde, um den gegenwärtigen Aufenthalt der Partei ausfindig zu machen.
Durch Nachfrage bei den Verwaltungs- oder Strafverfolgungsbehörden müsse versucht worden sein, etwas in Erfahrung zu bringen.
Nach Ansicht des LG Mönchengladbach (v. 26.07.2006 – 5 T 242/06) genügt dagegen grundsätzlich die Vorlage aktueller Auskünfte des für den letzten bekannten Wohnort des Zustellungsadressaten zuständigen Einwohnermelde- und Postamts.
Erschleichung der öffentlichen Zustellung
Zur Frage, ob die öffentliche Zustellung unwirksam ist, wenn für die Bewilligung der öffentlichen Zustellung wissentlich falsche Tatsachen vorgetragen wurden, vgl. BGH, NJW 1992, 2280; OLG Zweibrücken, FamRZ 2002, 468; OLG Hamm, MDR 1997, 1155.
Vornahme der öffentlichen Zustellung
Nach Bewilligung der öffentlichen Zustellung ist diese dadurch zu bewirken, dass eine Benachrichtigung an der Gerichtstafel ausgehängt wird, aus der sich ergibt, dass ein Schriftstück im Wege der öffentlichen Zustellung zugestellt werden soll.
Im Einzelnen muss die Benachrichtigung die in § 186 Abs. 2 ZPO genannten Angaben enthalten.
Die öffentliche Zustellung gilt als bewirkt, wenn seit dem Aushang der Benachrichtigung ein Monat vergangen ist und das Gericht keine längere Frist bestimmt hat (§ 188 ZPO).
Anwendung auf Willenserklärungen
Nach § 132 Abs. 2 BGB sind die Vorschriften der ZPO über die öffentliche Zustellung auf Erklärungen anwendbar, die gegenüber einer Person abzugeben sind, deren Aufenthaltsort dem Erklärenden unbekannt ist.
EuZuStVO
Nach Ansicht des EuGH (v. 15.03.2012 – C292/10) steht es dem Erlass eines Versäumnisurteils nicht entgegen, wenn dem Beklagten, dessen Aufenthaltsort unbekannt ist, die Klage nach nationalem Recht öffentlich zugestellt wurde.
Voraussetzung ist, dass sich das Gericht vergewissert hat, dass alle Nachforschungen, die der Sorgfaltsgrundsatz und der Grundsatz vom Treu und Glauben gebieten, vorgenommen worden sind, um den Beklagten ausfindig zu machen.