Zustellvorschriften: Elektronische Zustellung

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Nach § 173 Abs. 1 ZPO kann ein elektronisches Dokument elektronisch nur auf einem sicheren Übermittlungsweg zugestellt werden.

Pflicht zur Einrichtung eines sicheren Übermittlungswegs

Gemäß § 173 Abs. 2 Satz 1 ZPO haben einen sicheren Übermittlungsweg für die elektronische Zustellung eines elektronischen Dokuments zu eröffnen:

  • Rechtsanwälte, Notare, Gerichtsvollzieher sowie
  • Behörden, Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts.

Steuerberater und sonstige in professioneller Eigenschaft am Prozess beteiligte Personen, Vereinigungen und Organisationen, bei denen von einer erhöhten Zuverlässigkeit ausgegangen werden kann, sollen einen sicheren Übermittlungsweg für die elektronische Zustellung eröffnen (§ 173 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

Zustellung gegen elektronisches Empfangsbekenntnis

Die elektronische Zustellung an die in § 173 Abs. 2 ZPO Genannten wird durch ein elektronisches Empfangsbekenntnis nachgewiesen, das an das Gericht zu übermitteln ist.

Für die Übermittlung ist der vom Gericht mit der Zustellung zur Verfügung gestellte strukturierte Datensatz zu verwenden.

Stellt das Gericht keinen strukturierten Datensatz zur Verfügung, so ist dem Gericht das elektronische Empfangsbekenntnis als elektronisches Dokument (§ 130a ZPO) zu übermitteln (§ 173 Abs. 3 ZPO).

Zustimmungserfordernis

An andere als die in § 173 Abs. 2 ZPO Genannten kann ein elektronisches Dokument elektronisch nur zugestellt werden, wenn sie der Zustellung elektronischer Dokumente für das jeweilige Verfahren zugestimmt haben.

Die Zustimmung gilt mit der Einreichung eines elektronischen Dokuments im jeweiligen Verfahren auf einem sicheren Übermittlungsweg als erteilt.

Andere als natürliche Personen können die Zustimmung auch allgemein erteilen. Ein elektronisches Dokument gilt am dritten Tag nach dem auf der automatisierten Eingangsbestätigung ausgewiesenen Tag des Eingangs in dem vom Empfänger eröffneten elektronischen Postfach als zugestellt. Satz 4 gilt nicht, wenn der Empfänger nachweist, dass das Dokument nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.

Ausländische Zustellungsersuchen

Bei eingehenden Zustellungsersuchen aus dem Ausland, die durch ein deutsches Gericht erledigt werden, muss die Zustimmung des Empfängers für eine elektronische Zustellung an ihn durch das deutsche Rechtshilfegericht geprüft werden.

Eine im ausländischen Gerichtsstaat erteilte Zustimmung für eine elektronische Zustellung durch das dortige Prozessgericht allein genügt für die Annahme einer bestehenden Einwilligung im deutschen Rechtshilfeverfahren nicht, kann aber als Indiz herangezogen werden.

Die Zustimmung für eine elektronische Zustellung durch das Rechtshilfegericht kann allerdings auch gegenüber dem ausländischen Gericht abgegeben werden (BTDrucks. 19/28399, S. 37).

Zustellung von Anwalt zu Anwalt

Von der Übermittlung eines elektronischen Dokuments können nicht nur die Gerichte innerhalb der Amtszustellung Gebrauch machen, sie findet vielmehr im Rahmen einer Parteizustellung auch dort Anwendung, wo eine Zustellung von Anwalt zu Anwalt möglich ist (§ 195 Abs. 2 ZPO).

Parteizustellung

Soll ein Dokument im Parteibetrieb als elektronisches Dokument zugestellt werden, so übermittelt die Partei dem Gerichtsvollzieher gem. § 193a Abs. 1 Satz 1 ZPO das zuzustellende Dokument

  1. elektronisch auf einem sicheren Übermittlungsweg oder
  2. als Schriftstück.

Im Fall der Nr. 2 überträgt der Gerichtsvollzieher das Schriftstück in ein elektronisches Dokument (§ 193a Abs. 1 Satz 2 ZPO).

Zustellungsnachweis

Als Nachweis der Zustellung dient die automatisierte Eingangsbestätigung (§ 193a Abs. 2 ZPO).

Der Zeitpunkt der Zustellung ist der in der automatisierten Eingangsbestätigung aus gewiesene Zeitpunkt des Eingangs in dem vom Empfänger eröffneten elektronischen Postfach.

Diese Regelung stellt damit anders als § 173 Abs. 3 ZPO auch bei Zustellungen an den dort genannten Empfängerkreis auf die automatisierte Eingangsbestätigung und nicht auf das elektronische Empfangsbekenntnis ab.

Der Grund hierfür liegt darin, dass es mit dem Ziel, eine effektive Zwangsvollstreckung sicherzustellen, nicht vereinbar ist, den Zugang eines Dokuments von einer Handlung des Empfängers abhängig zu machen (BT-Drucks. 19/31119, S. 5).

Insbesondere bei der Zustellung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen (§ 829 ZPO) als auch Vorpfändungen (§ 845 ZPO) ist der sofortige Zugang unabdingbar, weil ansonsten die Gefahr besteht, dass der Schuldner Vermögenswerte beiseiteschafft.

Der sofortige Zugang kann sich aber auch zugunsten des Schuldners auswirken.

Namentlich bei einem Verzicht des Gläubigers auf die Rechte aus der Pfändung und der Überweisung zur Einziehung (§ 843 ZPO) kommt ihm die sofortige Wirkung der Zustellung an den Drittschuldner zugute, weil er dann auch sofort wieder über sein Vermögen verfügen kann.

Zum anderen soll dadurch, dass nicht nur der Tag der Zustellung feststeht, sondern auch die Uhrzeit, ermöglicht werden, dass der Rang einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme exakt bestimmt werden kann (BT-Drucks. 19/31119, S. 5).

Zustellungsbestätigung für die beauftragende Partei

Im Fall der Nr. 1 ist die automatisierte Eingangsbestätigung mit dem zuzustellenden elektronischen Dokument zu verbinden und der Partei zu übermitteln, für die zugestellt wurde (§ 193a Abs. 2 Satz 3 ZPO).

Im Fall Nr. 2 fertigt der Gerichtsvollzieher einen Ausdruck der automatisierten Eingangsbestätigung, verbindet den Ausdruck mit dem zuzustellenden Schriftstück und übermittelt dieses der Partei, für die zugestellt wurde (§ 193a Abs. 2 Satz 4 ZPO).

Pflicht zur Übermittlung eines elektronischen Dokuments

Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln.

Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig.

Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen (§ 130d ZPO in der ab 01.01.2022 geltenden Fassung).

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