Ein Verbraucher, der einen Kfz-Leasingvertrag ohne Kaufverpflichtung schließt, hat kein Widerrufsrecht. Dagegen kann ein Verbraucher, der für den Kauf einen Kreditvertrag geschlossen hat, ohne dass er ordnungsgemäß über seine Rechte und Pflichten informiert wurde, jederzeit den Widerruf erklären. Der Widerruf muss vor der vollständigen Vertragserfüllung erfolgen. Das hat der EuGH entschieden.
Darum geht es
Mehrere Verbraucher machen vor dem Landgericht Ravensburg (Deutschland) geltend, sie hätten Leasing- oder Kreditverträge mit Banken von Automobilherstellern (BMW Bank, Volkswagen Bank und Audi Bank) wirksam widerrufen.
Diese Verträge betrafen das Leasing eines Fahrzeugs ohne Kaufverpflichtung oder die Finanzierung eines Gebrauchtwagens.
Im Fall des Leasingvertrags suchte der Verbraucher einen Automobilhändler auf, der befugt war, Auskünfte über den Vertrag zu geben.
Dieser wurde sodann mittels eines Fernkommunikationsmittels unmittelbar zwischen dem Verbraucher und der Bank geschlossen. Bei den Kreditverträgen waren die Händler als Vermittler der Banken tätig.
Alle diese Verbraucher erklärten ihren Widerruf mehrere Monate oder mehrere Jahre nach dem Vertragsschluss. Einer von ihnen machte von seinem Widerrufsrecht Gebrauch, nachdem der Kredit vollständig zurückgezahlt worden war.
Sie sind der Ansicht, die im Unionsrecht vorgesehene Widerrufsfrist von 14 Tagen habe nicht zu laufen begonnen, weil sie bei Vertragsschluss nicht hinreichend über ihre Rechte und Pflichten informiert worden seien.
Die Banken machen geltend, ein Widerruf nach so langer Zeit sei jedenfalls als missbräuchlich zu qualifizieren.
Das Landgericht Ravensburg hat den EuGH hierzu befragt.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Der EuGH hat die Rechte der Verbraucher im Bereich von Kraftfahrzeugleasing und -krediten präzisiert. Im Fall eines Leasingvertrags über ein Kraftfahrzeug ohne Kaufverpflichtung ergibt sich aus dem Unionsrecht kein Widerrufsrecht für den Verbraucher.
Der Gerichtshof hat entschieden, dass einem Verbraucher, der einen Leasingvertrag über ein nach seinen Vorgaben bestelltes Fahrzeug schließt, auf der Grundlage des Unionsrechts (Richtlinien 2002/65/E, 2008/48/EG und 2011/83/EU) kein Widerrufsrecht zusteht, wenn er nach dem Vertrag nicht verpflichtet ist, das Fahrzeug am Ende der Leasingperiode zu kaufen.
Dies gilt auch dann, wenn der Vertrag im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde.
Dagegen kann er im Fall des Abschlusses eines Kreditvertrags im Hinblick auf den Kauf eines Fahrzeugs, ohne sich rechtsmissbräuchlich zu verhalten, jederzeit von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen, solange er keine vollständigen und zutreffenden Informationen über seine Rechte und Pflichten erhalten hat und der Vertrag noch nicht vollständig erfüllt wurde, d.h. in der Regel bis zur Fälligkeit der letzten Rückzahlungsrate.
Die unvollständigen oder fehlerhaften Informationen müssen sich dabei auf die Befähigung des Verbrauchers, den Umfang seiner Rechte und Pflichten einzuschätzen, und auf seine Entscheidung, den Vertrag zu schließen, ausgewirkt haben.
Die in solchen Verträgen vorgesehene Widerrufsfrist von 14 Tagen beginnt dann nicht zu laufen. Die Ausübung des Widerrufsrechts nach Ablauf der Frist von 14 Tagen ist dann keinesfalls als missbräuchlich anzusehen - auch wenn dies lange nach Vertragsschluss geschieht.
Sobald der Kreditvertrag vollständig erfüllt wurde, kann der Verbraucher hingegen nicht mehr von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen.
EuGH, Urt. v. 21.12.2023 - C-38/21, C-47/21 und C-232/21