Testamente: Verstoß gegen Heim- und Pflegegesetz?

Die Erbeinsetzung eines Vereins, der zwar in dieselbe hierarchische Organisation wie die Pflegeeinrichtung der Erblasserin eingebunden ist, aber juristisch von der Pflegeeinrichtung unabhängig ist, beinhaltet keinen Verstoß gegen die Verbotsnormen des Heim- und Pflegegesetzes. Das hat das OLG Frankfurt entschieden und die Beschwerde gegen die Erbscheinserteilung an den Verein zurückgewiesen.

 

Darum geht es

Die Erblasserin war verwitwet und hatte ein Kind. Sie lebte zuletzt in einer katholischen Altenpflegeeinrichtung in Wiesbaden. Zum Alleinerben setzte sie einen eingetragenen Verein einer katholischen Einrichtung ein.

Die Betreiberin der Altenpflegeeinrichtung ist korporatives Mitglied dieses Vereines und hat sich u.a. hinsichtlich der Bestellung des Geschäftsführers der Zustimmung des Bischofs von Limburg unterstellt. Ihr Sohn erhielt ein Vermächtnis in Höhe des Pflichtteils.

Der eingesetzte Testamentsvollstrecker beantragte beim Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins zugunsten des Vereins. Der Sohn hat das Testament angefochten und ebenfalls einen Erbschein zu seinen Gunsten beantragt.

Das Nachlassgericht beabsichtigt, dem Verein einen Erbschein zu erteilen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Sohnes.

 

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Das OLG Frankfurt am Main hat die Auffassung des Nachlassgerichts bestätigt.

Der Verein sei wirksam zum Alleinerben eingesetzt worden. Das Testament verstoße nicht gegen eine Verbotsnorm des Hessischen Heim- und Pflegegesetzes (HSBP).

Demnach ist es Betreibern von Pflegeeinrichtungen u.a. untersagt, sich für die Zurverfügungstellung eines Platzes oder die Erbringung von Pflegeleistungen zusätzliche Zahlungen versprechen zu lassen (§ 6 HSBP).

Mit der Regelung solle u.a. der Heimfriede geschützt werden. Sie solle eine unterschiedliche Behandlung der Bewohner als Folge finanzieller Zusatzleistungen oder -versprechen verhindern.

Die Regelung diene zudem dem Schutz der Testierfreiheit und solle das Ausnutzen der Hilf- oder Arglosigkeit verhindern.

Die Erbeinsetzung berühre diese Zwecke hier nicht. Die Erblasserin habe mit dem Verein eine von der Betreiberin der Altenpflegeeinrichtung verschiedene juristische Person als Erbe eingesetzt.

Soweit die Erblasserin den Wunsch geäußert haben soll, in einer katholischen Einrichtung betreut zu werden, die möglicherweise in der Trägerschaft des begünstigten Vereins stünde, erfülle dies nicht die Verbotsnorm.

Ein nicht näher konkretisierter Wunsch sei nicht geeignet, Druck auf den Betreiber einer Einrichtung auszuüben. Die nach dem Willen der Erblasserin aus Mitteln der Treuhandstiftung zu finanzierenden Leistungen stellten sich nicht als solche im Sinne der Verbotsnorm dar.

Die Erbeinsetzung stelle auch keine unzulässige Umgehung der Verbotsnorm dar. Die Erbeinsetzung stelle sich weder indirekt noch mittelbar als Zuwendung an die Betreiberin der Altenpflegeeinrichtung dar, in welcher die Erblasserin zuletzt gelebt hatte.

Durch die Auflage zur Verwendung ihres Vermögens in einer Treuhandstiftung habe die Erblasserin eine Bestimmung getroffen, die gerade keine Zuwendung an die Betreiberin der Pflegeeinrichtung bewirke.

Es bestehe kein tatsächlich oder rechtlicher Einfluss des Vereins auf diese Einrichtung. Allein der Umstand, dass die Betreiberin der Einrichtung korporatives Mitglied des Vereins sei, führe nicht dazu, dass die Einrichtung auch am zugewendeten Vermögen partizipiere.

Die gewählte testamentarische Gestaltung diente zwar offensichtlich dazu, einen Verstoß gegen die Vorschriften des HSBP zu vermeiden. Die Gestaltung berühre aber nicht die Schutzzwecke des HSBP und sei damit von der Testierfreiheit gedeckt.

Da der Verein keine der Verwaltung kirchlicher Organe unterstehende Einrichtung sei, sei das kanonische Recht auf den Verein nicht anwendbar. Damit bedürfe die Annahme der Erbschaft durch den Verein auch nicht der Genehmigung durch den Bischof nach dem Kirchenvermögensverwaltungsgesetz.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Rechtsbeschwerde zum BGH wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

 

OLG Frankfurt am Main, Beschl. v. 08.12.2022 - 20 W 301/18

Quelle: OLG Frankfurt am Main, Pressemitteilung v. 06.01.2023

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