Bei einem Unfall, der in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Einfahren von einer Parkbucht in den Straßenverkehr stattfindet, gilt das einfahrende Fahrzeug als Verursacher, wenn eine weitere Aufklärung nicht möglich ist. Denn in einem solchen Fall besteht der Anschein, dass der zuvor Einfahrende nicht ausreichend auf den Verkehr geachtet hat. Das hat das Amtsgericht Hanau entschieden.
Darum geht es
Der Fahrer eines zuvor in einer Parkbucht am Straßenrand stehenden Fahrzeugs ist mit diesem in den Straßenverkehr eingefahren.
Hierauf kam es zu einer Kollision mit dem dort in gleicher Richtung fahrenden Wagen der Klägerin. Über den Unfallhergang machten die Beteiligten jeweils unterschiedliche Angaben.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Die Klage war beim Amtsgericht Hanau erfolgreich. Die Klägerin kann demnach Schadensersatz aufgrund des Verkehrsunfalls verlangen. Auf die Klägerin entfällt kein Mithaftungsanteil.
Das Amtsgericht Hanau ist davon ausgegangen, dass der Verkehrsunfall vollständig von dem einfahrenden Fahrzeug verursacht wurde.
Zwar ließ sich das Geschehen überwiegend nicht mehr aufklären, allerdings habe derjenige, der vom Straßenrand in den Verkehr einfährt, gem. § 10 StVO besonders darauf zu achten, dass er andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet.
Das Gericht war nach einer Gesamtwürdigung der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass sich der Unfall im engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Einfahren des beklagten Fahrers von einer Parkbucht auf die Fahrbahn ereignete.
Aufgrund der zeitlichen und örtlichen Nähe des Unfallgeschehens zu dem Einfahren des parkenden Fahrzeugs in den Straßenverkehr spreche daher der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass dessen Fahrer nicht ausreichend auf den Verkehr geachtet und somit den Unfall herbeigeführt habe.
Dafür spreche zudem, dass seine Version des Unfallgeschehens, er sei bereits einige Zeit auf der Straße gefahren, mit dem Schadensbild nicht in Einklang zu bringen sei.
Zudem habe der Fahrer selbst erklärt, das andere Fahrzeug erst durch den Anstoß bemerkt zu haben, was darauf hinweise, dass er das Verkehrsgeschehen beim Losfahren von dem Parkplatz nicht ausreichend beobachtet habe.
Der festgestellte maßgebliche Verkehrsverstoß des beklagten Fahrers genüge auch für einen Ausschluss der Betriebsgefahr des Fahrzeugs der Klägerin. Demnach habe sie auch nicht die Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs zu tragen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Amtsgericht Hanau, Urt. v. 05.06.2023 - 39 C 329/21 (19)