Der BGH hat zwei Teilklauseln in den Bedingungen von Riester-Rentenversicherungsverträgen über die Kostenüberschussbeteiligung der Versicherungsnehmer für intransparent und deshalb unwirksam erklärt. Geklagt hatten zwei Verbraucherschutzverbände. Nach den AGB der Versicherungsverträge wurden Kunden mit geringem Garantiekapital am Kostenüberschuss nicht beteiligt.
Darum geht es
Das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangt vom Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen, dass die Rechte und Pflichten des Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar dargestellt sind und die Klauseln darüber hinaus die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann.
Eine Regelung hält deshalb einer Transparenzkontrolle unter anderem dann nicht stand, wenn sie an verschiedenen Stellen in den Bedingungen niedergelegt ist, die nur schwer miteinander in Zusammenhang zu bringen sind, oder wenn der Regelungsgehalt auf andere Weise durch die Verteilung auf mehrere Stellen verdunkelt wird.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Nach Auffassung des BGH wecken die beanstandeten Textstellen
„Wir beteiligen Sie nach § 153 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) an den Überschüssen ….“ und - speziell zur Verteilung u.a. von Überschüssen aus Kosteneinsparungen - „Auch von diesen Überschüssen erhalten die … Versicherungsnehmer mindestens den in der jeweils aktuellen Fassung der MindZV genannten Prozentsatz (derzeit … 50 Prozent …).“
bei dem Versicherungsinteressenten die Erwartung, in jedem Falle an den Kostenüberschüssen beteiligt zu werden, während ihm entgegen der insoweit scheinbar uneingeschränkten Zusage nicht ausreichend verdeutlicht wird, dass Rentenversicherungsverträge, deren Garantiekapital ein von der Beklagten in ihrem Geschäftsbericht festzusetzendes Volumen (derzeit 40.000 €) unterschreitet, aufgrund weiterer, an anderer Stelle getroffener Regelungen von der Beteiligung an Kostenüberschüssen von vornherein ausgeschlossen sind.
Einen so weitgehenden und grundsätzlichen Ausschluss kann der durchschnittliche Vertragsinteressent, auf dessen Sicht es insoweit maßgeblich ankommt, dem Bedingungswerk nicht ausreichend entnehmen. Die Bedingungen enthalten keinen hinreichenden Hinweis darauf, dass Verträge mit geringem Garantiekapital, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts unstreitig 30 bis 50% des Riester-Rentenversicherungsverträge-Bestandes der Beklagten ausmachen, von der Beteiligung an den Kostenüberschüssen gänzlich ausgeschlossen werden sollen.
Das erschließt sich erst über eine Kette von komplizierten Verweisungen, die bis zum jährlichen Geschäftsbericht des beklagten Versicherers führen, wo an nicht hervorgehobener Stelle darüber informiert wird, dass der für die Kostenüberschussbeteiligung maßgebliche Zusatzüberschussanteil nur bei Versicherungen mit laufender Beitragszahlung und - bei so genannten Grundbausteinen - bestimmten Garantiekapitalgrenzen gewährt wird.
Soweit die Beklagte darauf verwiesen hat, ihr Verteilungssystem sei sachgerecht und entspreche inhaltlich den gesetzlichen Vorgaben, ist das Berufungsgericht dem nicht entgegengetreten. Darauf kommt es hier auch nicht an. Maßgebend ist nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vielmehr, dass die von den Klägern angegriffenen Klauseln beim durchschnittlichen Versicherungsinteressenten die Erwartung erweckten, in jedem Falle immerhin mit einer Mindestbeteiligung auch an den Kostenüberschüssen zu partizipieren.
Der Versicherer hat aber die Pflicht, den Versicherungsinteressenten das Nachteilsrisiko - mag es auch systembedingt zwangsläufig sein und wirtschaftlich nicht schwer wiegen (nach der Behauptung der Beklagten wären beispielsweise bei gleichmäßiger Verteilung des im Jahr 2012 insgesamt für die Kostenüberschussbeteiligung verwendeten Betrages von 300.000 € auf jeden Vertrag rechnerisch lediglich 60 Cent entfallen) - aufzuzeigen, weil es geeignet ist, deren Anlageentscheidung zu beeinflussen.
BGH, Urt. v. 13.01.2016 - IV ZR 38/14