Bereits bei der Bestellung des Betreuers steht nun weniger ein medizinisches Defizit des Betroffenen im Vordergrund (so noch § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB), sondern der konkrete Unterstützungsbedarf, der auf einer Krankheit oder Behinderung beruht (§ 1814 Abs. 1 BGB-E). Auch der Umfang der Betreuung orientiert sich hieran. Deshalb müssen die Aufgabenbereiche des Betreuers vom Betreuungsgericht im Einzelnen angeordnet werden; eine Betreuung in allen Angelegenheiten ist unzulässig (§ 1815 Abs. 1 Satz 2 BGB-E). Auch hinsichtlich der Person des Betreuers sollen die Wünsche des Betroffenen, einschließlich solcher, die der Volljährige vor Einleitung des Betreuungsverfahrens geäußert hat, grundsätzlich berücksichtigt werden.
Dies gilt – anders als nach bisherigem Recht (§ 1897 Abs. 4 Satz 2 BGB) – auch für die Ablehnung einer bestimmten Person als Betreuer (§ 1816 Abs. 2 Satz 1 BGB-E). Wie bisher besteht ein Vorrang bei der Betreuerbestellung von Personen, die eine familiäre oder persönliche Bindung zu dem Betroffenen haben (§ 1816 Abs. 4 BGB-E, § 1897 Abs. 5 BGB).
Die Bestellung mehrerer Betreuer, eines Verhinderungsbetreuers und eines Ergänzungsbetreuers sind weiterhin zulässig (§ 1817 BGB-E). Das Bestellungshindernis des § 1897 Abs. 3 BGB, das zuvor nur ein Abhängigkeitsverhältnis oder eine sonstige enge Beziehung zu einer Wohn- oder Unterbringungseinrichtung erfasste, gilt künftig auch für alle Personen mit einer engen Verbindung zu solchen ambulanten Diensten, die in der Versorgung des Volljährigen tätig sind (§ 1816 Abs. 6 Satz 1 BGB-E).
Die Führung der Betreuung, insbesondere die Vertretungsmacht
Während der Reformgesetzgeber § 1814 BGB-E als die „Fundamentalnorm“ des Betreuungsrechts bezeichnet, geht er bei § 1821 BGB-E von der „zentralen Norm des Betreuungsrechts“ aus, die den inhaltlichen Maßstab für jedes Handeln des Betreuers enthält und damit die „Magna Charta“ für das gesamte rechtliche Betreuungswesen ist. Auch für die Führung der Betreuung gelten der Erforderlichkeitsgrundsatz und der unterstützende Charakter der Betreuung. Die Wünsche des Betreuten stehen dabei im Vordergrund.
Der Betreuer hat sie festzustellen und ihnen zu entsprechen. Dies gilt auch für in einer vorsorglichen Betreuungsverfügung bereits geäußerte Wünsche. Eine Abweichung ist dem Betreuer nur gestattet bei erheblicher Gefährdung, krankheitsbedingt verminderter Erkenntnis oder Unzumutbarkeit. Dies betrifft insbesondere auch die Vermögensangelegenheiten (§ 1838 BGB-E). Der Betreuer hat somit auch dann die Wünsche des Betreuten vorrangig zuberücksichtigen, wenn sie wirtschaftlich unvernünftig sein sollten, sofern sie auf freier Willensbildung beruhen.
Eine Abweichung von den Grundsätzen der §§ 1839 ff. BGB-E bei der Verwaltung von Geld, Wertpapieren und Vermögensgegenständen entsprechend den Wünschen des Betroffenen hat er dem Betreuungsgericht anzuzeigen, das dann die diesbezüglichen Anordnungen erlassen kann. § 1854 Nr. 8 BGB-E enthält hierzu eine wesentliche Abweichung vom bisher geregelten Schenkungsverbot (§ 1908i Abs. 2 i.V.m. § 1804 BGB).
Bis zur Reform waren dem Betreuer nur Schenkungen gestattet, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wurde, sowie Gelegenheitsgeschenke entsprechend dem Wunsch des Betreuten und der Üblichkeit im Hinblick auf seine Lebensverhältnisse. Nunmehr kann das Betreuungsgericht eine Schenkung gestatten, sofern nicht höherrangige Rechtsgüter des Betreuten gefährdet sind oder seine gesamte Lebens- und Versorgungssituation erheblich verschlechtert wird und der Betreute diese Gefährdung aufgrund seiner Erkrankung nicht erkennen kann.
Der Betreute kann auch wirtschaftlich unvernünftige Entscheidungen treffen. Dies gilt auch dann, wenn durch die Erfüllung seiner Wünsche sein Vermögen erheblich geschmälert wird. Damit sind insbesondere schon vorbereitete Schenkungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge sowie geplante Stiftungen künftig mit Genehmigung des Betreuungsgerichts möglich. Keine betreuungsgerichtliche Genehmigung ist dagegen erforderlich, wenn die Schenkung nach den Lebensverhältnissen des Betreuten angemessen oder als Gelegenheitsgeschenk üblich ist.
Der Betreuer ist weiterhin in seinem Aufgabenkreis gesetzlicher Vertreter des Betreuten (§ 1823 BGB-E). Der Betreuer soll jedoch von seiner Vertretungsmacht nur Gebrauch machen, soweit dies erforderlich ist (§ 1821 Abs. 1 Satz 2 zweiter Halbsatz BGB-E). Damit darf der Betreuer den Betroffenen nur vertreten, wenn andere Unterstützungsarten ohne Stellvertretung nicht ausreichen. Diese Beschränkung der Vertretungsmacht soll jedoch auf die Wirksamkeit einer von dem Betreuer im Rahmen der angeordneten Aufgabenkreise in Ausübung seiner Vertretungsmacht abgegebenen Willenserklärung keine Auswirkungen haben.
Ob dies auch gilt, wenn dem Vertragspartner erkennbar ist, dass ein Betreuer entgegen den Wünschen des Betreuten handelt, also ein betreuungszweckwidriges Handeln vorliegt, ist im Hinblick auf die nunmehrige Gesetzesformulierung fraglich. Der Betreuer haftet dem Betreuten wie bisher (§ 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB) für Pflichtverletzungen (§ 1826 Abs. 1 Satz 1 BGB-E).
§ 1826 Abs. 1 Satz 2 BGB-E enthält allerdings nunmehr eine Beweislastumkehr zu Lasten des Betreuers, der beweisen muss, dass er einen entstandenen Schaden nicht zu vertreten hat. Die im Regierungsentwurf noch enthaltene Beschränkung der Haftung für Eltern, Kinder und Ehegatten auf eigenübliche Sorgfalt (§ 1826 Abs. 1 Satz 3 BGB-RE) wurde gestrichen, anstatt sie, wie dies vorgeschlagen wurde, auf weitere nahestehende Personen auszudehnen.
Grund des Gesetzgebers ist, dass dies zu Lasten einer großen Gruppe von Betreuten gehen würde und ehrenamtliche Betreuer durch eine Sammelhaftpflichtversicherung des jeweiligen Landes abgesichert werden. Ob dies wirklich zur Stärkung der Ehrenamtlichkeit der Betreuung beiträgt (zum künftigen Leitbild der Ehrenamtlichkeit der rechtlichen Betreuung siehe § 1816 Abs. 4 BGB-E), ist fraglich, da trotz einer versicherungsrechtlichen Absicherung das Risiko des Haftpflichtprozesses und die damit verbundene Belastung für den Betreuer bleiben.
Die Genehmigungserfordernisse für bestimmte Rechtsgeschäfte (vgl. §§ 1819–1822 BGB) sind künftig in §§ 1848–1854 BGB-E zu finden. § 1851 Nr. 1 BGB-E enthält nur noch eine Genehmigungsbedürftigkeit für die Ausschlagung einer Erbschaft und eines Vermächtnisses, nicht mehr für die Anfechtung der Annahme bzw. der Ausschlagung. Allerdings dürfte es sich dabei um ein Redaktionsversehen handeln.
Ein bisheriges Problem wird dagegen geregelt: Nach § 1858 Abs. 3 Satz 3 BGB-E wird die Ausschlagungsfrist für eine Erbschaft (§ 1944 BGB) durch einen Betreuten für die Dauer des Genehmigungsverfahrens gehemmt. Das Betreuungsgericht teilt zudem dem Nachlassgericht nach Rechtskraft des Genehmigungsbeschlusses die Erteilung oder Versagung der Genehmigung mit, so dass der Betreuer insoweit nicht mehr tätig werden muss (§ 1858 Abs. 3 Satz 5 BGB-E).