Nach der als „deformiertes Relikt“ im BGB verbliebenen „Schlüsselgewalt“ (§ 1357 BGB), die in ihrer heutigen Fassung „nur noch den Gläubigern als Trittbrettfahrern der Gleichberechtigung“ dient, soll nunmehr, insofern systematisch richtig, die gegenseitige Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge geregelt werden. Sie betrifft nicht nur Ehegatten, sondern auch eingetragene Lebenspartner (§ 21 LPartG); sie wird ferner unabhängig von dem für sie anwendbaren Recht und von der Anerkennung in ihrer Heimat für ausländische Ehegatten gelten, wenn sie im Inland Angelegenheiten der Gesundheitssorge wahrnehmen (Art. 15 EGBGB-E).
Die Vorschrift macht die vorläufige Anordnung einer Betreuung entbehrlich und entlastet das ärztliche Personal bzw. die Verwaltung von Krankenhäusern. Die gesetzliche Vertretungsmacht des Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge setzt voraus, dass der Partner aufgrund von Bewusstlosigkeit oder Krankheit insoweit nicht selbst handeln kann.
Die Vertretungsmacht ist nicht auf die Einwilligung in ärztliche Maßnahmen bzw. deren Untersagung beschränkt, sondern umfasst auch freiheitsentziehende Maßnahmen durch mechanische Vorrichtungen, Medikamente oder auf andere Weise für maximal sechs Wochen, den Abschluss von Behandlungsverträgen, Krankenhausverträgen und Verträgen der Rehabilitation und Pflege sowie die Geltendmachung und Abtretung von Ansprüchen aus Anlass der Erkrankung gegenüber Dritten.
In diesem Umfang besteht auch eine Entbindung der behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht. Ab Bestellung eines Betreuers mit dem entsprechenden Aufgabenkreis darf das gesetzliche Vertretungsrecht nicht mehr ausgeübt werden. Es greift schon dann nicht ein, wenn diesbezüglich bereits eine Betreuung besteht, die Ehegatten getrennt leben, dem vertretenden Ehegatten oder dem behandelnden Arzt bekannt ist, dass der vertretene Ehegatte eine Vertretung hinsichtlich der Gesundheitssorge durch seinen Ehepartner ablehnt oder hiermit eine andere Person betraut hat.
Das gesetzliche Vertretungsrecht ist ferner auf drei Monate befristet. Zum Nachweis der Vertretungsmacht des Ehegatten, die gegenüber verschiedenen Ärzten und Einrichtungen ausgeübt werden kann, sieht der Gesetzgeber ein Novum vor, das freilich wenig zur Entlastung der betroffenen Ärzte beiträgt.
Bei der erstmaligen Ausübung der Vertretungsmacht hat der behandelnde Arzt nämlich ein Dokument auszustellen, aus dem sich das Vorliegen der Voraussetzungen für das Vertretungsrecht und seine Dauer ergibt. Dieses Dokument ist dem vertretenden Ehegatten auszuhändigen. Bereits die Feststellung des Beginns der Vertretungsmacht fällt schwer, wenn ein schon bewusstloser Patient in das Krankenhaus eingeliefert wird.
Der Gesetzgeber behilft sich damit, dass "sinnvollerweise der Zeitpunkt angegeben" werden soll, „zu dem der Patient in die Klinik eingeliefert bzw. dem Arzt vorgestellt wurde“. Auch hinsichtlich der weiteren Ausschlussgründe, insbesondere des fehlenden Getrenntlebens und der bisherigen Nichtausübung des Ehegattenvertretungsrechts im Rahmen der aktuellen Erkrankung, muss sich der Arzt auf die Angaben des vertretenden Ehegatten verlassen.
Häufig wird dieser allerdings selbst, z.B. bei mehreren Herzinfarkten oder Schlaganfällen hintereinander oder einer periodisch wiederkehrenden Erkrankung (z.B. Epilepsie), nicht wissen, ob er sein Ehegattenvertretungsrecht bereits in Anspruch genommen hat. Bei dem vom behandelnden Arzt ausgestellten Dokument handelt es sich um keine Vollmachtsurkunde i.S.v. § 172 BGB.
Wurde ein falscher Beginn angegeben, oder leben die Ehegatten entgegen der Ansicht des vertretenden Partners getrennt, so besteht die Vertretungsberechtigung nicht. Ein Vertrauen analog § 172 Abs. 2 BGB auf das vorgelegte Dokument des behandelnden Arztes ist nicht anzuerkennen.
Etwas versteckt geregelt ist die Möglichkeit, eine ablehnende Willensäußerung gegen die Vertretung durch den Ehegatten in das von der Bundesnotarkammer geführte Zentrale Vorsorgeregister eintragen zu lassen (§ 78a Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 7 BNotO, § 1 Abs. 1 Nr. 7, § 2 Abs. 1 Satz 1 und § 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 VRegV). Konsequenterweise erhalten auch Ärzte ein Einsichtsrecht in das Vorsorgeregister (§ 78b Abs. 1 Satz 1 BNotO, § 6 Abs. 1 Satz 1 und § 7 Abs. 1 Satz 3 VRegV).
Da für sie, was in Notfällen auch untunlich wäre, keine Verpflichtung zur Einsichtnahme besteht, kann dem Arzt, der das Dokument über die Gesundheitsvertretungsmacht ausstellt, ebenso wie dem vertretenden Ehegatten die Ablehnung des Betroffenen unbekannt bleiben. Da es ausschließlich auf die Kenntnis für den Ausschluss der Vertretungsmacht des vertretenden Ehegatten ankommt, wird entgegen der „Magna Charta“ des reformierten Betreuungsrechts der Wille des Betroffenen im Bereich der Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge ignoriert.