Die Prozesskostenhilfe ermöglicht die gerichtliche Durchsetzung oder Verteidigung von Rechten, wenn eine Partei die Kosten für das Gericht und den Rechtsanwalt nicht selbst tragen kann. Sie soll damit allen Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu effektivem Rechtsschutz ermöglichen, unabhängig von ihrer finanziellen Situation.
Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe
Der Anspruch auf Prozesskostenhilfe setzt jedoch voraus, dass eine Partei die Kosten der Prozessführung gar nicht, nur zum Teil oder nur in Raten leisten kann. Zudem muss die beabsichtigte Durchsetzung oder Verteidigung von Rechten eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten und die Partei dürfte auch dann nicht von dem Prozess absehen wollen, wenn sie die Kosten für diesen selbst tragen müsste. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass mutwillig auf Kosten der Allgemeinheit Prozesse geführt würden. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist daher auch dann ausgeschlossen, wenn eine andere Stelle (Rechtsschutzversicherung, Mieterverein, Gewerkschaft etc.) die Kosten tragen würde.
Verbleibende Kostenrisiken
Bei Bewilligung der Prozesskostenhilfe muss die Partei für die Gerichtskosten und die Kosten des eigenen Anwalts – sofern durch das Gericht beigeordnet – keine oder nur die gesetzlich festgelegten Ratenzahlungen leisten. Die Prozesskosten- hilfe deckt jedoch nicht die Anwaltskosten der gegnerischen Partei, welche von der Partei, die im Gerichtsverfahren verliert, zu tragen sind. Insoweit befreit die Prozesskostenhilfe nicht von dem Kostenrisiko. Eine Ausnahme hiervon stellt die Arbeitsgerichtsbarkeit dar. Dort sind die gegnerischen Anwaltskosten auch bei Unterliegen im Gerichtsverfahren in der ersten Instanz nicht zu übernehmen.
Nachträgliche Änderung der finanziellen Verhältnisse
Auch nachträgliche (wesentliche) Änderungen der finanziellen Verhältnisse der Partei sind bis zum Ablauf von vier Jahren seit der Beendigung des Gerichts- verfahrens zu berücksichtigen. So kann die Partei bei einer wesentlichen Verbesserung der finanziellen Verhältnisse nachträglich zu Übernahme der Kosten herangezogen werden. Im Falle einer wesentlichen Verschlechterung der finanziellen Situation ist auch die Verringerung oder ein Wegfall der festgesetzten Raten möglich. Im Zeitraum des Verfahrens und bis zum Ablauf der vier Jahre seit Beendigung des Verfahrens, ist die Partei demnach verpflichtet wesentliche Änderungen der finanziellen Verhältnisse unaufgefordert und unverzüglich mitzuteilen. Ein Verstoß gegen diese Pflicht kann zur nachträglichen Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe führen, sodass die Kosten vollständig nachzuzahlen sind.
Im Folgenden haben wir für Sie eine Auswahl aktueller Urteile zur Prozesskostenhilfe zusammengestellt:
PKH-Verfahren: Einschätzung der Erfolgsaussichten bei Grundrechtsabwägung
Vor dem Bundesverfassungsgericht ist eine Verfassungsbeschwerde gescheitert, die sich gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe (PKH) richtete. Die Verfassungsrichter stellten mit Beschluss vom 07.07.2020 (1 BvR 2447/19) klar: Im PKH-Verfahren ist eine vorhergehende Einschätzung der Erfolgsaussichten auch dann zulässig, wenn - wie im Presse- und Äußerungsrecht - grundrechtlich geschützte Interessen abgewogen werden müssen. Hier erfahren Sie mehr.
VW-Abgasskandal: Prozesskostenhilfe für Klage
Die beabsichtigte Klage einer VW-Kundin, die im Jahre 2011 einen VW Polo mit einem Dieselmotor erworben hat, der vom sog. Abgasskandal betroffen ist, und die deswegen vom Hersteller - gegen Rückgabe des betroffenen Fahrzeugs - die Lieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs verlangt, hat hinreichende Aussichten auf Erfolg. Das hat das OLG Hamm mit Beschluss vom 21.06.2016 (28 W 14/16) entschieden und Prozesskostenhilfe bewilligt. Hier erfahren Sie mehr.
Prozesskostenhilfe bei Revision
Wird die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen und zeitgleich über einen Prozesskostenhilfeantrag entschieden, so ist die Prozesskostenhilfe für die abgeschlossene Instanz in aller Regel zu gewähren. Wenn Fachgerichte die Revision zulassen, aber die Prozesskostenhilfe ver- weigern, verhalten sie sich widersprüchlich. Das hat das Bundesverfassungs- gericht mit Beschluss vom 04.05.2015 (1 BvR 2096/13) entschieden. Hier erfahren Sie mehr.