a) Grundsätze
Ein Schuldner, der mehrere – laufende, also nicht gem. § 850i ZPO einmalige oder Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit – Arbeitseinkommen, Sozial- oder Naturalleistungen von verschiedenen Drittschuldnern bezieht, wird ungerechtfertigt geschützt, wenn man die unterschiedlichen Einkommen gesondert den Pfändungsfreigrenzen gem. § 850c ZPO unterwirft.
Daher kann auf Antrag des Gläubigers eine Addition aller Einkünfte des Schuldners ausschließlich durch das Vollstreckungsgericht angeordnet werden (§ 850e Nr. 2, 2a ZPO). Die Belange des Schuldners werden dadurch gewahrt, dass das Gesamteinkommen zusammengerechnet und der pfandfreie Betrag nach dem zusammengerechneten Einkommen berechnet wird.
Diese Zusammenrechnungsmöglichkeiten sind gegenüber der alten Fassung der Formulare durch die Möglichkeit ergänzt worden, dass sich nunmehr auch mehrere laufende Geldleistungen nach dem SGB addieren lassen.
Die Rechtsprechung lässt dies zu. Allerdings ist dabei unbedingt zu beachten, dass sowohl § 850e Nr. 2a ZPO als auch § 54 Abs. 4 SGB I es ausschließen, Ansprüche auf Arbeitseinkommen mit Sozialleistungen oder Ansprüche auf verschiedene Sozialleistungen untereinander zusammenzurechnen, soweit diese der Pfändung nicht unterworfen sind.
b) Antrag
Eine Addition mehrerer Geldleistungen muss der Gläubiger ausdrücklich beantragen. Während die noch bis zum 30.11.2023 geltenden alten Formulare ausdrücklich auf Seite 1 einen solchen Antrag vorsehen, sieht der Teil beim neuen Formular „Antrag auf Erlass eines Pfändungsbeschlusses und eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses“ (Anlage 4) dies ausdrücklich nicht mehr vor. Eine entsprechende Antragsmöglichkeit findet sich nunmehr im amtlichen Formular der Anlage 5 im Modul N.
Wichtig: Nur durch die im amtlichen Formular der Anlage 4 verwendete Formulierung "Es wird beantragt, den beigefügten Entwurf wie ausgefüllt als Beschluss zu erlassen" wird das Antragsformular mit dem Formular für den Beschlussentwurf der Anlage 5 verknüpft, so dass es sich um einen konkreten, nämlich durch den ausgefüllten Beschlussentwurf definierten Antrag handelt.
Der so gestellte Antrag umfasst die Anordnungen, wenn durch das Ausfüllen des Moduls N die Anordnungen als Teil des zu erlassenden Beschlusses bestimmt werden. Nur wenn also das Modul N auf diese Art und Weise ausgefüllt und somit ein Antrag gestellt ist, werden die Angaben im erlassenen Beschluss übernommen und dadurch die entsprechenden Anordnungen erlassen. Es obliegt folglich dem Gläubiger, die einzelnen Anordnungen zu konkretisieren.
Hinweis: Das Modul N sieht die Additionsmöglichkeiten mehrerer Einkünfte nur bei einer gleichzeitigen Pfändung der mehreren Einkunftsarten vor. Eine nachträgliche Zusammenrechnungsmöglichkeit (siehe nachfolgend dd)) ist durch das Formular nicht vorgesehen.
Verlangt der Gläubiger daher gleichzeitig
- bei der Pfändung von Forderungen gegenüber mehreren Arbeitgebern (Modul E) die Zusammenrechnung mehrerer Arbeitseinkommen,
- bei der Pfändung von Forderungen gegenüber Arbeitgebern (Modul E) und der Pfändung von Forderungen gegenüber der Agentur für Arbeit, Versicherungsträgern, Versorgungseinrichtungen (Modul F) die Zusammenrechnung von Arbeitseinkommen und Sozialleistungen bei der Pfändung von Forderungen gegenüber der Agentur für Arbeit, Versicherungsträgern, Versorgungseinrichtungen (Modul F) die Zusammenrechnung mehrerer Sozialleistungen
so muss er dies durch Ankreuzen (Ausfüllen) der entsprechenden Kontrollkästchen im Modul N beantragen.
c) Addition von Arbeitseinkommen und Sozialleistungen, Addition mehrerer Sozialleistungen
Der Gläubiger muss die jeweiligen Drittschuldner, deren Einkünfte zu addieren sind, dadurch kenntlich machen, dass der jeweilige im Modul D genannte Drittschuldner, in der Klammer mit der jeweiligen Ziffer zu bezeichnen ist. Dies wird in der Praxis oftmals nicht beachtet. Ebenso ist anzugeben, bei welchem Drittschuldner der unpfändbare Grundfreibetrag zu entnehmen ist.
Dieser Grundfreibetrag wird bei einer Addition
- mehrerer Arbeitseinkommen bzw. mehrerer Sozialleistungen in erster Linie dem Einkommen entnommen, das die wesentliche Grundlage der Lebenshaltung des Schuldners bildet (§ 850e Nr. 2 Satz 2 ZPO); hierbei kann auf die Höhe der jeweiligen Arbeitseinkommen, aber auch darauf abgestellt werden, welches das sicherere Arbeitseinkommen bildet,
- von Arbeitseinkommen und Sozialleistung, soweit die Pfändung nicht wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche (§ 850d ZPO) erfolgt, in erster Linie den laufenden Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch entnommen (§ 850e Nr. 2a Satz 3 ZPO). Dies gilt auch, wenn das Einkommen beim Arbeitgeber als Drittschuldner geringer sein sollte. Hierauf haben Gläubiger bei der Antragstellung unbedingt zu achten, da andernfalls eine zeitaufwendige gerichtliche Zwischenverfügung die Folge ist.
d) Nachträgliche Zusammenrechnung
Erfährt der Gläubiger erst später – also z.B. nachdem er bereits das Ersteinkommen des Schuldners gepfändet hat – von weiteren Einkünften, so kann er nachträglich beantragen, dass dieses mit dem zuvor gepfändeten Einkommen/Sozialleistungen zusammengerechnet wird. Eine zusätzliche Pfändung ist dabei nicht erforderlich; die Pfändung des Haupteinkommens sowie der Antrag auf Addition genügen. Die Verwendung der amtlichen Formulare nach der Anlage 4 und 5 ist in diesen Fällen nicht erforderlich, so dass eine formlose Antragstellung möglich ist.
Ebenso ist durch das amtliche Formular nicht geregelt, wenn der Gläubiger bereits zuvor ein Einkommen gepfändet hat und sodann das ihm nachträglich bekanntgewordene Einkommen ebenfalls pfänden und mit dem bereits zuvor gepfändeten Einkommen addieren lassen will. Für die Pfändung des weiteren Einkommens und den Antrag auf nachträgliche Addition müssen die amtlichen Formulare der Anlage 4 und 5 verwendet werden.