Betretungsverbot für Baustelle des Nachbarn

Das Betreten eines Grundstücks durch unbefugte Personen ohne den Willen des Besitzers ist als sog. Besitzstörung unzulässig. Dies gilt auch in dem Fall, dass Grundstückseigentümer befürchten, Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück würden das Wurzelwerk eigener Bäume oder sonstiger Pflanzungen gefährden. Das Amtsgericht Hannover hat vor diesem Hintergrund ein Betretungsverbot verhängt.

Darum geht es

Die Beteiligten des Verfahrens sind Nachbarn. Die Antragsteller errichten auf ihrem Grundstück in Hannover einen Neubau. 

Für das Bauvorhaben besteht eine Baugenehmigung. Auf dem Grundstück der Antragsgegnerin befinden sich mehrere Bäume, unter anderem eine Birke, deren Wurzelwerk bis auf das Nachbargrundstück reicht. 

Am 24.06.2023 und am 22.09.2023 betrat die Antragsgegnerin das Grundstück der Antragsteller und behinderte die dort durchgeführten Baggerarbeiten. Im Verfahren hat die Antragsgegnerin sich darauf berufen, dass sie zum Schutz des Wurzelwerks der auf ihrem Grundstück befindlichen Bäume eingeschritten sei. 

Sie sei davon ausgegangen, dass die sich aus der Baugenehmigung ergebenden Bestimmungen zum Schutz der auf den benachbarten Flächen befindlichen Gehölzen, Bäumen und Hecken nicht eingehalten worden seien. Daher habe sie befürchtet, dass es durch die Baggerarbeiten zu irreparablen Schäden am Wurzelwerk ihrer Bäume komme.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Amtsgericht Hannover hat den Antragstellern Recht gegeben und im Wege einer sog. einstweiligen Verfügung ein Betretungsverbot für die Baustelle ausgesprochen. Der  Antragsgegnerin wurde damit aufgegeben, das Betreten des Nachbargrundstücks zu unterlassen. 

Zur Begründung hat das Gericht unter anderem ausgeführt, dass allein das bloße Betreten eines Grundstücks durch unbefugte Personen ohne den Willen des Besitzers unzulässig sei (sog. Besitzstörung). Auch der angestrebte Schutz der Bäume der Antragsgegnerin ändere daran nichts. 

Unabhängig von der Frage, ob der Antragsgegnerin wegen der ihrerseits befürchteten Schädigung des Wurzelwerkes des auf ihrem Grundstück befindlichen Baumbewuchses überhaupt Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche zustehen, wären sie - selbst wenn sie bestünden - keine taugliche Grundlage für die von der Antragsgegnerin vorgenommenen Selbsthilfemaßnahmen. 

Dies erkläre sich insbesondere auch aus dem Sinn und Zweck der hier von Antragstellerseite geltend gemachten Besitzschutzansprüche. Sie sollen nach dem Gericht die Kontinuität der bestehenden Besitzlage gegen Eingriffe schützen und so den allgemeinen Rechtsfrieden wahren.

Die Besitzschutzrechte erschöpften sich daher darin, verbotene Übergriffe rückgängig zu machen und den eigenmächtig Handelnden in die Bahnen des justizförmigen Verfahrens zur Durchsetzung seines Rechts zu zwingen. 

Vor diesem Hintergrund hätte es der Antragsgegnerin oblegen, sich zur Durchsetzung etwaiger zivilrechtlicher Ansprüche (zivil-)gerichtlicher Hilfe zu bedienen oder gegenüber den zuständigen Behörden auf ein behördliches Einschreiten - notfalls mittels verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes – hinzuwirken.

Amtsgericht Hannover, Urt. v. 16.10.2023 - 435 C 8845/23

Quelle: Amtsgericht Hannover, Pressemitteilung v. 17.10.2023

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