Zum 01.01.2024 wird der gesetzliche Mindestlohn auf 12,41 € und zum 01.01.2025 auf 12,82 € pro Arbeitsstunde erhöht. Im Zuge dieser Erhöhungen verändern sich auch die Verdienstgrenzen für Minijobs und Midijobs.
1. Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse im Arbeits- und Sozialrecht
Beschäftigungsverhältnisse mit einem Arbeitsentgelt von aktuell nicht mehr als 520 € im Monat gelten als geringfügig entlohnte Beschäftigungen.
In arbeitsrechtlicher Hinsicht handelt es sich bei diesen – auch als Minijob oder Aushilfsjob bezeichneten – Beschäftigungsverhältnissen um reguläre Arbeitsverhältnisse, für sie gelten damit die gleichen Vorschriften wie für Vollzeitarbeitsverhältnisse.
In der Sozialversicherung unterliegen diese Beschäftigungsverhältnisse dagegen Sondervorschriften, und zwar sowohl in der Krankenversicherung, der Pflegeversicherung und der Arbeitslosenversicherung als auch in der Rentenversicherung.
So besteht Versicherungsfreiheit in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung, wie sich aus § 7 SGB V, § 20 Abs. 1 SGB XI (im Umkehrschluss) und § 27 Abs. 2 SGB III ergibt. Beiträge zu diesen Versicherungen müssen daher weder vom Arbeitnehmer noch vom Arbeitgeber entrichtet werden.
In der Rentenversicherung besteht zwar grundsätzlich Versicherungspflicht. Davon kann sich der Arbeitnehmer allerdings auf Antrag befreien lassen (§ 6 Abs. 1b SGB VI).
Darüber hinaus gelten nach § 40a EStG für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse Sonderregelungen im Einkommensteuerrecht: Entweder zahlt der Arbeitgeber eine Pauschsteuer von 2 %, wenn er pauschale Beiträge zur Rentenversicherung zu entrichten hat.
Ist diese Pauschsteuer ausgeschlossen, weil keine Pauschalbeiträge zur Rentenversicherung anfallen, kann der Arbeitgeber den Arbeitslohn mit 20 % pauschal versteuern (Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer kommen hinzu; die Anmeldung erfolgt beim Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers). Eine dritte Variante ist die individuelle Besteuerung nach den elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (ELStAM) des Arbeitnehmers.
In der Praxis dominiert die pauschale Besteuerung mit 20 %, die der Arbeitgeber zu entrichten hat, so dass der Beschäftigte den Arbeitslohn bis zu 520 € ohne Abzüge, also netto für brutto ausgezahlt erhält.
2. Dynamische Geringfügigkeitsgrenze
Beitragsfreiheit und Steuerprivileg sind maßgeblich davon abhängig, dass die Geringfügigkeits- bzw. Verdienstgrenze dieser Beschäftigungsverhältnisse von gegenwärtig 520 € monatlich nicht überschritten wird.
Da sich seit dem 01.10.2022 diese Grenze an einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden zu Mindestlohnbedingungen orientiert, erhöht sich mit der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12,41 € pro Stunde (durch die Vierte Mindestlohnanpassungsverordnung) ab dem 01.01.2024 die Grenze auf 538 € monatlich und ab dem 01.01.2025 – aufgrund der Anhebung des Mindestlohns auf 12,82 € pro Arbeitsstunde – auf 556 € monatlich.
2.1 Ermittlung der Geringfügigkeitsgrenze anhand des regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelts
Die Ermittlung der Geringfügigkeitsgrenze orientiert sich an dem regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelt. Hierzu hat der Arbeitgeber zu Beginn der Beschäftigung bzw. bei jeder dauerhaften Änderung der Arbeitsverhältnisse alle mit hinreichender Sicherheit zu erwartenden Einnahmen (laufende und einmalig gezahlte Arbeitsentgelte) im Rahmen einer Vorausschau für den maßgebenden Beurteilungszeitraum (maximal zwölf Monate) zu ermitteln und diese durch die Anzahl der Beschäftigungsmonate des Beurteilungszeitraums (maximal zwölf Monate) zu teilen.
Das so ermittelte regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt darf die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschreiten. Für das Jahr 2024 führt dies – bei einer ganzjährigen Beschäftigung – zu einer Jahresentgeltgrenze i.H.v. 6.456 € und für das Jahr 2025 i.H.v. 6.672 €.
2.2 Unvorhersehbares Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze
Ein unvorhersehbares Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze (z.B. aufgrund einer Krankheitsvertretung oder einer ungeplanten Einmalzahlung) steht dem Fortbestand einer geringfügig entlohnten Beschäftigung nicht entgegen, wenn die Geringfügigkeitsgrenze innerhalb des für den jeweiligen Entgeltabrechnungszeitraum zu bildenden Zeitjahres in nicht mehr als zwei Kalendermonaten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Geringfügigkeitsgrenze überschritten wird.
Damit darf in Ausnahmefällen in einer geringfügig entlohnten Beschäftigung letztendlich das 14fache der Geringfügigkeitsgrenze verdient werden, also ab dem 01.01.2024 maximal 7.532 € (14 x 538 €) sowie ab dem 01.01.2025 maximal 7.784 € (14 x 556 €).
2.3 Neue Untergrenzen für den Einstiegsbereich im sogenannten Midijob
Mit der Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze für Minijobs wird auch die Untergrenze für sogenannte Midijobs, Beschäftigungsverhältnisse im Übergangsbereich von einer geringfügigen zu einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, angepasst.
Der Übergangsbereich, der bei einem regelmäßigen monatlichen Arbeitsentgelt oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze beginnt, steigt danach ab dem 01.01.2024 auf 538,01 € und ab dem 01.01.2025 auf 556,01 €; er endet bei 2.000 € monatlich.
3. Auslaufen der Bestandsschutzregelungen für Alt-Midijobber
2022 waren für Arbeitnehmer, die am 30.09.2022 in einem Midijob tätig waren, Bestandsschutzregelungen getroffen worden, die es ihnen möglich machten, bei einer Beschäftigung mit einem durchschnittlichen Arbeitsentgelt von bis zu 520 € im Monat unter den alten Midijob-Bedingungen in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig zu bleiben, allerdings längstens bis zum 31.12.2023. In der Rentenversicherung lag ab diesem Zeitpunkt bereits ein Minijob vor.
Sofern von diesen Arbeitnehmern für die Zeit ab dem 01.01.2024 weiterhin eine in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtige Beschäftigung gewünscht wird, muss das regelmäßige monatliche Arbeitsentgelt ab diesem Zeitpunkt auf einen Wert oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze von 538 € angehoben werden.
Die Beschäftigung ist dann ein Midijob mit vollen Ansprüchen in allen Sozialversicherungszweigen, der bei der zuständigen Krankenkasse zu melden ist. Beläuft sich das durchschnittliche monatliche Arbeitsentgelt ab dem 01.01.2024 auf maximal 538 €, liegt in allen Versicherungszweigen ein Minijob vor, der bei der Minijob-Zentrale zu melden ist.
Prof. Dr. Joachim Weyand