a) Gerichtskosten
Mit Wirkung zum 01.01.2021 ist § 58 Abs. 1 GKG dergestalt angepasst worden, wonach für den Zeitraum einer Betriebsfortführung lediglich der Einnahmenüberschuss bei der Berechnung der Gerichtskosten zugrunde zu legen ist. Nach dem unmissverständlichen Wortlaut der Übergangsregelung in § 71 Abs. 3 GKG ist die neue Fassung des § 58 Abs. 1 Satz 3 GKG nur anzuwenden auf Kosten, die nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung fällig werden. In sogenannten Altfällen ist die Rechtslage umstritten.
Brutto-Prinzip oder Netto-Ansatz
Teilweise gingen Gerichte vom Bruttoprinzip aller Einnahmen aus, so bisher auch das OLG München (Beschl. v. 08.08.2012 – 11 W 832/12). Eine andere Ansicht vertritt den sogenannten „Netto-Ansatz“.
Danach ergebe sich der Gegenstandswert für die Gerichtskosten auch schon vor der Neufassung des § 58 Abs. 1 GKG nach dem wirtschaftlichen Wert der bei Beendigung des Insolvenzverfahrens vorhandenen Insolvenzmasse, wie ihn der Verwalter bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens realisieren konnte, wobei die Betriebsausgaben abzuziehen sind.
Das OLG München hat nunmehr auch für die Altlage seine bisherige Ansicht aufgegeben und sich ebenfalls für den sogenannten „Netto-Ansatz“ entschieden. Bei der Berücksichtigung der Insolvenzmasse „am Ende des Verfahrens“ sei regelmäßig vom Nettowert auszugehen, da diese am Ende bereits um die betrieblichen Ausgaben bereinigt sei.
Bereits § 58 Abs. 1 Satz 1 GKG sei ebenso wie § 63 Abs. 1 Satz 2 InsO dahingehend auszulegen, dass im Fall der Betriebsfortführung durch den Insolvenzverwalter die Ausgaben abzuziehen sind. Bei der Verwaltervergütung war dieser Streit schon längst nach dem Motto „Schutz der Masse vor Auszehrung durch die Verwaltervergütung“ geklärt: Wird das Unternehmen des Schuldners fortgeführt, ist nur der Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben der Fortführung zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 2 Nr. 4b InsVV).
b) Vergütung
Bei der Vergütungsberechnung des Insolvenzverwalters ist das sogenannte Netto-Prinzip bereits seit längerer Zeit bekannt. Der BGH (Beschl. v. 10.06.2021 – IX ZB 51/19, ZInsO 2021, 1658) verdeutlichte dies zuletzt noch einmal.
Zudem ist zwingend eine sogenannte Vergleichsrechnung vorzunehmen, sofern ein Betrieb fortgeführt wird. Hieraus ergibt sich dann ein Überschuss oder ein Verlust. Werden zudem Zuschläge beantragt, gilt uneingeschränkt § 1 Abs. 2 InsVV.
Dazu ist der Wert, um den sich die Masse infolge der Fortführung erhöht hat, und die dadurch bedingte Zunahme der Regelvergütung mit der Höhe der Vergütung zu vergleichen, die ohne die Massemehrung über den dann zu gewährenden Zuschlag erreicht würde.
Gesonderte Einnahmen-/ Ausgabenrechnung nötig
Zur Ermöglichung der Bestimmung der Faktoren einer Vergleichsrechnung ist zwingend erforderlich, dass der Antragsteller das Ergebnis der Fortführung durch eine gesonderte Einnahmen-/Ausgabenrechnung darzustellen hat, welche sich auf den Zeitpunkt bezieht, in dem die Fortführung oder im Rahmen der vorläufigen Verwaltung diese endet.
Wozu dieses aufwendige Prozedere? Der BGH will dadurch vermeiden, dass es zu einer (unzulässigen) Doppelvergütung kommt. Zur Erläuterung ein kleines Beispiel:
Sachverhalt
Die Teilungsmasse ohne Berücksichtigung der Betriebsfortführung beträgt 100.000 €, im Rahmen der Betriebsfortführung wird ein Überschuss i.H.v. 50.000 € erwirtschaftet. Als Zuschlag findet der Verwalter 15.000 € angemessen.
Grundsätzlich könnte man nun über § 1 InsVV die Berechnungsgrundlage ermitteln. Ausgehend von 150.000 € (100.000 € + Überschuss aus der Betriebsfortführung v. 50.000 €) ergibt sich damit eine Regelvergütung von 23.250 €. Hierauf wäre dann (da Regelvergütung) ein Zuschlag von 15.000 € zu gewähren.
Dieser Ansatz berücksichtigt jedoch nicht, dass durch die Betriebsfortführung – die Tätigkeit, für die ja gerade ein Zuschlag geltend gemacht wird – bereits zu einer höheren Berechnungsgrundlage von 50.000 € geführt hat, so dass die „Grundvergütung“ bereits für diese Tätigkeit einen Anteil bereithält. Zur Vermeidung, dass der Insolvenzverwalter für ein und dieselbe Tätigkeit doppelt honoriert wird, muss folglich eine Berücksichtigung in Form einer (weiteren) Vergleichsberechnung vorgenommen werden.
Teilungsmasse ohne Betriebsfortführung: 100.000 €
Überschuss Betriebsfortführung: 50.000 €
Erhöhte Teilungsmasse i.S.v. § 1 Abs. 2 Nr. 4b) InsVV: 150.000 €
Vergleichsrechnung:
Regelvergütung aus 100.000 €: 19.750 €
Regelvergütung aus 150.000 €: 23.250 €
Mehrbetrag durch Betriebsfortführung: 3.500 €
Angemessener Zuschlag für BF: 15.000 €
Abzüglich Mehrbetrag § 1 Abs. 2 Nr. 4 b) InsVV: – 3.500 €
Erhöhung über § 3 Abs. 1 Buchst. b) erste Alternative InsVV: 11.500 €
= prozentualer Zuschlag von 49,5 %
(Erhöhung (hier 11.500 €) im Verhältnis zur Regelvergütung inkl. des BF-Gewinns (hier 23.250 €))
Zur Vermeidung einer doppelten Honorierung wäre der beantragte Zuschlag also zu kürzen um den Betrag, der bereits durch die Grundvergütung anteilig den Mehraufwand honoriert.