Der BGH hat entschieden, dass ein Wohnungsrecht, das am eigenen Grundstück besteht, stets pfändbar ist. Bei Insolvenz des Grundstückseigentümers kann der Insolvenzverwalter ein im Grundbuch eingetragenes Wohnungsrecht löschen lassen. Der Berechtigte, der zugleich Eigentümer ist, muss sich so behandeln lassen, als habe er es gestattet, die Ausübung einem anderen zu überlassen.
Darum geht es
Der Beteiligte zu 1 war eingetragener Eigentümer eines bebauten Grundstücks. An dem Grundstück bestellte er sich selbst ein auf das Gebäude bezogenes Wohnungsrecht mit der Bestimmung, dass die Ausübung des Wohnungsrechts dritten Personen nicht überlassen werden könne, und brachte das Grundstück in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Einlage ein.
Die GbR wurde als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen, ebenso erfolgte die Eintragung des Wohnungsrechts. Über das Vermögen des Beteiligten zu 1 wurde einige Monate später das Insolvenzverfahren eröffnet.
Der Beteiligte zu 4 wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser nahm im Wege der Insolvenzanfechtung die GbR erfolgreich auf Rückgewähr in Anspruch und erklärte die Auflassung des Grundbesitzes an den Beteiligten zu 1.
Er bewilligte und beantragte zudem die Löschung des Wohnungsrechts. Daraufhin wurde der Beteiligte zu 1 wieder als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Das Wohnungsrecht wurde gelöscht.
Gegen die Löschung des Wohnungsrechts hat der Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs.
Das Kammergericht hat die Beschwerde zurückgewiesen (Beschl v. 07.10.2021 - 1 W 342/21). Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1 mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Der BGH hat die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.
Das Beschwerdegericht hat es demnach zu Recht abgelehnt, das Grundbuchamt zur Eintragung eines Widerspruchs gegen die Löschung des Wohnungsrechts anzuweisen, weil durch die Löschung des Wohnungsrechts keine gesetzlichen Vorschriften verletzt worden sind.
Der Beteiligte zu 4 war als Insolvenzverwalter befugt, die Löschung des Wohnungsrechts zu bewilligen. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht die Verfügungsbefugnis über die Insolvenzmasse auf den Insolvenzverwalter über.
Dem Insolvenzschuldner wird, soweit die Insolvenzmasse betroffen ist, auch die Bewilligungsbefugnis entzogen; sie wird durch den Insolvenzverwalter ausgeübt.
Die Bewilligungsbefugnis des Insolvenzverwalters umfasst dagegen nicht das Vermögen, das nicht der Zwangsvollstreckung unterliegt (§ 36 Abs. 1 Satz 1 InsO).
Grundsätzlich gehören beschränkte persönliche Dienstbarkeiten und damit auch das Wohnungsrecht (§ 1093 BGB) als Sonderfall der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit allerdings nicht zur Insolvenzmasse, weil sie gemäß § 1092 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht übertragbar und deshalb nicht pfändbar sind (§ 851 Abs. 1, § 857 Abs. 1 ZPO).
Etwas anderes gilt gemäß § 857 Abs. 3 ZPO dann, wenn die Überlassung der Ausübung an einen anderen nach § 1092 Abs. 1 Satz 2 BGB gestattet ist. Daran fehlt es hier.
Gleichwohl ist das Wohnungsrecht des Beteiligten zu 1 pfändbar und fällt in die Insolvenzmasse, weil der Beteiligte zu 1 das Eigentum an dem Grundstück zurückerlangt hat und das Wohnungsrecht dadurch zum Eigentümerwohnungsrecht geworden ist.
Der BGH hatte bereits 1964 entschieden, dass eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit dann pfändbar ist, wenn der Eigentümer des Grundstücks und der Berechtigte personenidentisch sind. Er hält an dieser Ansicht, die auch für das Wohnungsrecht gilt, fest.
Das Gesetz geht in den §§ 1090 ff. BGB davon aus, dass die beschränkte persönliche Dienstbarkeit an einem fremden Grundstück besteht, Eigentümer und Berechtigter also personenverschieden sind. Für das Wohnungsrecht kommt das in § 1093 Abs. 1 Satz 1 BGB zum Ausdruck.
Nach dieser Vorschrift berechtigt das Wohnungsrecht zu einer Nutzung der umfassten Räume durch den Wohnungsberechtigten „unter Ausschluss des Eigentümers“. Zwar erlaubt der Bundesgerichtshof die Bestellung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit und damit auch die Bestellung eines Wohnungsrechts am eigenen Grundstück.
Das hat seinen Grund darin, dass dafür im Zusammenhang mit der Vertragsgestaltung, insbesondere bei der Veräußerung des Grundstücks, ein praktisches Bedürfnis bestehen kann, ändert aber nichts daran, dass nach dem gesetzlichen Leitbild Grundstückseigentümer und Berechtigter personenverschieden sind.
Dieses gesetzliche Leitbild liegt gerade auch der Vorschrift der § 1092 Abs. 1 BGB zugrunde, die zum Ausschluss der Pfändbarkeit führen kann.
Auf ein Eigentümerwohnungsrecht kann sich der Ausschluss der Pfändbarkeit nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht erstrecken. Die Vorschrift des § 1092 Abs. 1 BGB dient dem Schutz des Eigentümers. Sie trägt dem persönlichen Vertrauensverhältnis zwischen Eigentümer und Berechtigtem Rechnung und schließt es aus, dass der Berechtigte ohne Mitwirkung des Eigentümers ausgetauscht werden kann.
Das zeigt, dass der Ausschluss der Pfändbarkeit ein Fremdrecht voraussetzt. Für die beschränkte persönliche Dienstbarkeit und insbesondere das Wohnungsrecht an eigenen Grundstücken ist § 1092 Abs. 1 BGB deshalb teleologisch einzuschränken.
Der Berechtigte, der zugleich Eigentümer ist, muss sich so behandeln lassen, als habe er es gemäß § 1092 Abs. 1 Satz 2 BGB gestattet, die Ausübung einem anderen zu überlassen.
Infolgedessen ist ein Eigentümerwohnungsrecht stets – und damit auch hier –pfändbar. Hierfür spielt es keine Rolle, ob das Wohnungsrecht von Anfang an als Eigentümerwohnungsrecht bestellt wird oder ob es nachträglich zu einer Vereinigung von Wohnungsrecht und Eigentum in einer Person kommt.
Aufgrund der Pfändbarkeit fällt das Eigentümerwohnungsrecht bei Insolvenz des wohnungsberechtigten Grundstückseigentümers in die Insolvenzmasse und ist von dem Insolvenzverwalter zu verwerten. Der Insolvenzverwalter ist befugt, im Rahmen der Verwertung die Löschung des Wohnungsrechts zu bewilligen, etwa um das Grundstück lastenfrei veräußern zu können.
BGH, Beschl. v. 02.03.2023 - V ZB 64/21
BGH, Pressemitteilung v. 05.04.2023