Dass grundsätzlich kein gesetzlicher Anspruch des Arbeitnehmers auf die Einräumung der Möglichkeit von Homeoffice besteht, bestätigt dem Grunde nach auch das viel diskutierte Urteil des LAG Berlin-Brandenburg vom 24.03.2021. 1)
Diesem lag eine Entscheidung des ArbG Berlin vom 10.08.2020 zugrunde. 2) Darin hatte das Arbeitsgericht in erster Instanz einen Anspruch auf Einrichtung eines Telearbeitsplatzes zwar grundsätzlich abgelehnt, führte jedoch aus, dass die Verlegung der Tätigkeit ins Homeoffice gegenüber einer Änderungskündigung wegen einer Standortschließung als mögliches milderes Mittel zu berücksichtigen sei. 3)
Dem widersprach das LAG als Berufungsinstanz insofern, als das Arbeiten im Betrieb Teil einer unternehmerischen Entscheidung nach den Maßstäben des § 1 Abs. 2, § 2 KSchG ist. 4) In dem zur Entscheidung stehenden Fall hatte der Arbeitgeber entschieden, den Bereich, in dem der klagende Arbeitnehmer tätig war, am Hauptstandort zu konzentrieren und für diesen Bereich generell kein Homeoffice anzubieten. 5)
Das LAG hatte zunächst festgestellt, dass dies nach den Maßstäben des § 1 Abs. 2, § 2 KSchG eine unternehmerische Entscheidung darstelle, die lediglich einer Rechts- und Missbrauchskontrolle und damit nur einer eingeschränkten Kontrolle durch das Gericht unterliege. 6) Sachliche Rechtfertigung oder Zweckmäßigkeit der Organisationsentscheidung seien hingegen nicht gerichtlich überprüfbar. 7)
Über diese nicht offensichtlich willkürliche oder rechtswidrige unternehmerische Entscheidung „kann sich das Berufungsgericht nicht hinwegsetzen, indem es die Einrichtung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes als mildere Maßnahme erachtet“. 8)
Offengelassen hat das LAG hingegen die Frage, „ob der Verweis auf einen Homeoffice-Arbeitsplatz als mildere Maßnahme dann in Betracht kommt, wenn die Tätigkeit vor Ort nicht als Teil der unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers aufgenommen wurde“. 9)
Damit bleibt weiterhin unklar, ob die Verlegung des Arbeitsplatzes ins Homeoffice vorrangig vor einer Kündigung anzubieten ist, wenn dem kein unternehmerisches Konzept entgegensteht. Bereits im Jahr 2006 entschied das BAG im Fall einer außerordentlichen betriebsbedingten Änderungskündigung eines Betriebsratsmitglieds, dass die Möglichkeit eines Homeoffice-Arbeitsplatzes als milderes Mittel nicht hinreichend berücksichtigt worden sei. 10)
Der beklagten Arbeitgeberin gelang es nicht, nachzuweisen, dass eine Tätigkeit im Homeoffice ausscheidet. 11) Da die Arbeitgeberin selbst das unternehmerische Konzept, auf das sie die Änderungskündigung gestützt hatte, grundsätzlich als vereinbar mit einzelnen Homeoffice-Arbeitsplätzen angesehen hatte, hätte die Möglichkeit von Homeoffice hinreichend als alternatives Änderungsangebot berücksichtigt werden müssen. 12)
Ob dies auch auf ordentliche Kündigungen übertragbar ist, blieb in dem Urteil des BAG offen.
1) LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.03.2021 – 4 Sa 1243/20, NZA-RR 2021, 396.
2) ArbG Berlin, Urt. v. 10.08.2020 – 19 Ca 13189/19, ZIP 2021, 483.
3) ArbG Berlin, Urt. v. 10.08.2020 – 19 Ca 13189/19, ZIP 2021, 483.
4) LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.03.2021 – 4 Sa 1243/20, NZA-RR 2021, 396.
5) LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.03.2021 – 4 Sa 1243/20, NZA-RR 2021, 396.
6) LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.03.2021 – 4 Sa 1243/20, NZA-RR 2021, 396.
7) LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.03.2021 – 4 Sa 1243/20, NZA-RR 2021, 396.
8) LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.03.2021 – 4 Sa 1243/20, NZA-RR 2021, 396.
9) LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.03.2021 – 4 Sa 1243/20, NZA-RR 2021, 396.
10) BAG, Urt. v. 02.03.2006 – 2 AZR 64/05, NZA 2006, 985.
11) BAG, Urt. v. 02.03.2006 – 2 AZR 64/05, NZA 2006, 985.
12) BAG, Urt. v. 02.03.2006 – 2 AZR 64/05, NZA 2006, 985.