Im Jahr 2022 gab es einige gesetzliche Neuerungen mit Auswirkungen für die Zwangsvollstreckung. Die Änderungen haben wir im folgenden Beitrag für Sie zusammengefasst.
1. Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs in der Zwangsvollstreckung
Am 01.01.2022 ist die Regelung des § 130d ZPO in Kraft getreten. Danach sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln.
Ist dies aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen.
Die Vorschrift stammt aus dem Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten v. 10.10.2013 (BGBl I, 3786). Wie dem hierzu vorliegenden Gesetzentwurf zu entnommen werden kann, ist man damals davon ausgegangen, dass bis zum 01.01.2020 die Gerichtsakten elektronisch geführt werden (vgl. BT-Drucks. 17/12634, S. 27).
Davon kann aber zumindest flächendeckend nicht die Rede sein. Vielfach werden elektronische Dokumente bei den Gerichten ausgedruckt und in analog geführten Akten weiterbearbeitet. Gleichwohl ist die Vorschrift zu beachten.
Vollstreckungsaufträge an den Gerichtsvollzieher (vgl. § 753 Abs. 5 ZPO) sowie Anträge auf Erlass von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen sind künftig als elektronisches Dokument zu übermitteln.
Soweit kein Fall des § 754a oder des § 829a ZPO vorliegt, ist die vollstreckbare Ausfertigung des Vollstreckungstitels jedoch weiterhin in Form eines Schriftstücks dem Gerichtsvollzieher bzw. dem Vollstreckungsgericht vorzulegen.
2. Pfändbarkeit der Corona-Prämie
Als Erschwerniszulage gem. § 850a Nr. 3 ZPO zu bewerten und damit unpfändbar ist nach Meinung des BAG (Urt. v. 25.08.2022 - 8 AZR 14/22) die Corona-Prämie, die Arbeitnehmern bezahlt wird, um eine coronabedingte, im Einzelfall tatsächlich gegebene Erschwernis bei der Arbeitsleistung zu kompensieren, soweit die Prämie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigt.
3. Energiepreispauschale
Pfändungsschutz gibt es für die Energiepreispauschale in Höhe von 300 € einmalig nur für Rentner und Pensionäre.
4. Inflationsausgleichsprämie
Obwohl steuer- und abgabenfrei ist die sog. Inflationsausgleichsprämie, die vom 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 Arbeitnehmern freiwillig geleistet werden kann, als pfändbares Arbeitseinkommen anzusehen.
5. Bürgergeld
Mit Wirkung zum 01.01.2023 hat das Bürgergeld das Arbeitslosengeld II und das Sozialgeld abgelöst. Es bleibt bei der Unpfändbarkeit der Leistungen gem. § 42 Abs. 4 SGB II.
6. Änderung der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung mit Wirkung zum 22.12.2022
Die Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung wurde mit Verordnung vom 16.12.2022 - BGBl. I S. 2368 geändert. Damit wurden die Formulare für Aufträge an Gerichtsvollzieher zur Zwangsvollstreckung von Geldforderungen sowie für Anträge auf Erlass einer richterlichen Durchsuchungsanordnung und Anträge auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses inhaltlich, redaktionell und im Layout überarbeitet und durch Neufassung abgelöst, die bisherige Fassung außer Kraft gesetzt.
Die Regelung der Gerichtsvollzieherformular-Verordnung werden in die Neufassung der Zwangsvollstreckungsformular-Verordnung integriert; die Gerichtsvollzieherformular-Verordnung wird außer Kraft gesetzt (vgl. Referentenentwurf v. 16.06.2022).
Es gelten nach § 6 der Verordnung folgende Übergangsregelungen: Für Vollstreckungsaufträge an Gerichtsvollzieher zur Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen, die vor dem 01.12.2023 gestellt werden, dürfen die bis einschließlich 21.12.2022 für solche Aufträge durch die Gerichtsvollzieher-Formularverordnung vom 28.09.2015 (BGBl. I S. 1568) bestimmten Formulare weiter genutzt werden.
Sofern die Nutzung der Formulare der Anlagen 1 und 6 für Vollstreckungsaufträge an Gerichtsvollzieher zur Zwangsvollstreckung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen verbindlich sind, müssen diese Formulare nur für solche Vollstreckungsaufträge genutzt werden, die ab dem 01.07.2024 gestellt werden.
Für Anträge auf Erlass einer richterlichen Durchsuchungsanordnung nach § 758a Abs. 1 ZPO, auf Erlass eines Pfändungsbeschlusses nach § 829 ZPO und auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nach §§ 829 und 835 ZPO, die vor dem 01.12.2023 gestellt werden, dürfen die bis einschließlich 21.12.2022 für solche Anträge durch die Zwangsvollstreckungs-Formularverordnung vom 23.08.2012 (BGBl. I S. 1822) bestimmten Formulare weiter genutzt werden. Weitere Infos zu den neuen Formularen in der Zwangsvollstreckung erhalten Sie ausführlich im folgenden Beitrag – Hier klicken und weiterlesen!