Gesetzesnovelle: Neue Aufgaben für den Gerichtsvollzieher ab 2025?

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Einmal mehr steht ein Gesetzesvorhaben rund um die Zwangsvollstreckung in den Startlöchern und wartet auf seine Umsetzung. Mit Entwurf vom 30.09.2024 hat das Bundesjustizministerium eine Novelle vorgelegt, in deren Umsetzung das Vollstreckungswesen neu geregelt werden soll. 

Es handelt sich dabei um den Entwurf eines Gesetzes zur Zuständigkeitskonzentration der zivilrechtlichen Mobiliarvollstreckung bei den Gerichtsvollziehern und zu Zuständigkeitserweiterungen für die Rechtspfleger in Nachlass- und Teilungssachen (hier klicken und Referentenentwurf öffnen).

Vorgeschichte zur aktuellen Gerichtsvollzieher Novelle 2025

Bereits vor einiger Zeit lag ein ähnlicher Entwurf bzw. ein Diskussionspapier vor, welches sich mit elementaren Änderungen im funktionellen und örtlichen Zuständigkeitsbereich des Vollstreckungswesens befasste.

Überlegt wurde darin eine „Neuordnung von Zuständigkeiten in Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzsachen und Vereinheitlichung von Zuständigkeiten aus den Länderöffnungsklauseln des § 19 Rechtspflegergesetz (RPflG)“. 

Was wurde damals beabsichtigt? Das BMJ  prüfte – wie auch heute – Möglichkeiten der Neuordnung ausgewählter justizieller Zuständigkeiten. 

Diese Prüfung umfasste die Zuständigkeiten in Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzsachen sowie die von den Länderöffnungsklauseln in § 19 des RPflG erfassten Zuständigkeiten. 

Ziel war es, Effizienzpotentiale zu heben und auf diese Weise auch einen Beitrag zur Entlastung der Justiz zu leisten. Es war angedacht, die Forderungsvollstreckung auf den Gerichtsvollzieher zu übertragen. 

Im Kern ging es darum, einerseits ggf. bisherige Zuständigkeiten von Rechtspflegern auf die Gerichtsvollzieher zu übertragen, andererseits aber auch die Zuständigkeiten der Rechtspfleger durch die Übertragung von bisher den Richtern zugewiesenen Aufgaben zu erweitern.

Im Kern bestand das Vorhaben aus drei Punkten:

  1. Übertragung der Zuständigkeit für die Forderungspfändung auf den Gerichtsvollzieher
  2. Vereinheitlichung der Zuständigkeit für die Verbraucherinsolvenzverfahren und die zugehörigen Restschuldbefreiungsverfahren
  3. Umwandlung der Länderöffnungsklauseln in § 19 RPflG in einheitliche Rechtspflegerzuständigkeiten

Dieses Vorhaben war damals schon nicht neu. Bereits im Jahr 2020 wurde ein Zuständigkeitswechsel diskutiert und dann glücklicherweise davon Abstand genommen. 

Schon 2020 wurde überlegt, den Ländern das Recht einzuräumen, abweichend von der bisherigen Regelung in § 3 Nr. 3 Buchst. a) i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 17 Satz 1 RPflG die Zuständigkeit für Zwangsvollstreckungen in Forderungen oder andere Vermögensrechte auf die Gerichtsvollzieher zu übertragen. 

Während aber beim 2022er-Vorhaben im Umkehrschluss die Übertragung des Verbraucherinsolvenzverfahrens auf den Rechtspfleger im Raum stand, schied 2020 ein Mehrwert zugunsten der Rechtspfleger aus. 

Angedacht war stattdessen nur, das in Not geratene Berufsbild des Gerichtsvollziehers zu „retten“.

Der nun vorliegende RefE

1. Absicht

Was beabsichtigt nun der neue RefE von 2024? Im Zentrum der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen (Mobiliarvollstreckung) nach der Zivilprozessordnung (ZPO) steht der Gerichtsvollzieher.

§ 753 Abs. 1 ZPO regelt ausdrücklich, dass die Zwangsvollstreckung durch Gerichtsvollzieher bewirkt wird, soweit sie nicht den Gerichten zugewiesen ist. 

Die ZPO geht also vom Regelfall der Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher aus. Diese Gesetzeslage spiegelte sich zunächst auch in der Vollstreckungswirklichkeit wider. 

Bei Einführung der ZPO bildete die Vollstreckung in körperliche Gegenstände durch den Gerichtsvollzieher den Schwerpunkt der Zwangsvollstreckung. 

Diese hat aber in den letzten Jahren in der Praxis eine stetig abnehmende Bedeutung erfahren. Dies steht einerseits mit der zentralen Rolle des Gerichtsvollziehers in der Zwangsvollstreckung nicht mehr im Einklang und führt andererseits dazu, dass auf Gerichtsvollzieherseite Kapazitäten frei geworden sind. 

Der Entwurf soll durch die Übertragung bisher dem Vollstreckungsgericht vorbehaltener Zuständigkeiten die Rolle des Gerichtsvollziehers stärken.

Der Entwurf schlägt vor, die zahlenmäßig bedeutsamen Masseverfahren der Vollstreckung in Geldforderungen, die bisher nach § 828 ZPO den Vollstreckungsgerichten zugewiesen sind, auf die Gerichtsvollzieher zu übertragen und damit die durch die veränderte Vollstreckungswirklichkeit frei gewordenen Kapazitäten bei den Gerichtsvollziehern sinnvoll zu nutzen.

Hintergrund sei, dass die Vollstreckung in körperliche Gegenstände durch den Gerichtsvollzieher in den letzten Jahren in der Praxis eine stetig abnehmende Bedeutung erfahren habe.

2. Zahlenwerk

Das BMJ verkennt dabei nicht, dass im Allgemeinen die Aufträge der Vollstreckung an sich zurückgehen. Der Rückgang liegt zum einen bereits an dem allgemeinen Rückgang der gerichtlichen Erkenntnisverfahren. 

So nahmen diese in den Jahren zwischen 2015 und 2022 um ca. 36 % ab (vgl. InterVal, Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben „Erfor- schung der Ursachen des Rückgangs der Eingangszahlen bei den Zivil- gerichten“ v. 21.04.2023; destatis, Statistischer Bericht – Zivilgerichte – 2022 v. 09.08.2023). 

Ein weiterer Faktor ist der Zuwachs der Aufträge bei den Inkassodienstleistern. Vor 2020 wurden jährlich rund 20 Millionen Forderungen an Inkassodienstleister abgegeben. 

2020 wuchs diese Zahl auf 28,7 Millionen an. 2022 verzeichneten die Inkassodienstleister 33,4 Millionen neue Inkassofälle (vgl. Stellungnahme des BDIU zur Evaluierung des Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes). 

Während noch 2015 von insgesamt 7.289.001 Zwangsvollstreckungs- und sonstigen Aufträgen an den Gerichtsvollzieher 2.056.321 Aufträge, etwa 28 %, auf die Pfändung körperlicher Gegenstände entfielen, sind es 2022 nur noch etwa 17 %, nämlich von insgesamt 3.435.762 Zwangsvollstreckungs- und sonstigen Aufträgen nur noch 584.595 Pfändungsaufträge (vgl. Übersichten über die Geschäftstätigkeit und den Personalbe- stand der Gerichtsvollzieher, DGVZ 2016, 261 und DGVZ 2023, 236). 

Dies bedeutet einen Rückgang bei den Zwangsvollstreckungsaufträgen von etwa 53 % und bei den Aufträgen zur Pfändung körperlicher Sachen von etwa 72 %. 

Demgegenüber sank der Geschäftsanfall bei den Vollstreckungsgerichten bezogen auf Anträge auf Pfändung (und Überweisung) von Forderungen im Vergleichszeitraum nur um ungefähr 25 %, und zwar von 2.556.308 vollstreckungsgerichtlichen Verfahren im Jahr 2015 auf 1.917.928 Verfahren im Jahr 2022 (vgl. destatis, Statistischer Bericht – Zivilgerichte – 2022 v. 09.08.2023; die Anträge auf Anordnung der Wohnungsdurchsuchung gem. § 758a ZPO, auf Haft- befehl zur Erzwingung der Vermögensauskunft sowie die Anträge auf Einschränkung oder Beendigung der Vollstreckung des Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung nach Art. 34 der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 gem. § 954 Abs. 2 ZPO wurden ausgeblendet). 

Mit der Bedeutungsabnahme der Vollstreckung in körperliche Sachen ging die dem Gerichtsvollzieher gesetzlich vorgesehene Stellung als zentrales Vollstreckungsorgan in der Mobiliarvollstreckung verloren.

3. Rettung des Berufsbilds des Gerichtsvollziehers

Im Ergebnis soll der RefE von 2024 nur einem Zweck dienen: nämlich das Berufsbild des Gerichtsvollziehers zu stärken. 

Durch die Übertragung der Zuständigkeit für die Mobiliarvollstreckung in Geldforderungen werden auf Seiten der Vollstreckungsgerichte, konkret der Rechtspfleger am Amtsgericht als Vollstreckungsgericht, nach dem RefE Kapazitäten frei, die zur richterlichen Entlastung genutzt werden können. 

Der Rechtspfleger soll also zugunsten des Gerichtsvollziehers Aufgaben abgeben, dann ggf. Aufgaben vom Richter übernehmen. 

Die Landesregierungen sind bereits im Wege von Länderöffnungsklauseln ermächtigt, Richtervorbehalte im Bereich der Nachlass- und Teilungssachen bis auf wenige Ausnahmen zeitlich gestaffelt ganz oder in Teilbereichen aufzuheben und die entsprechenden Aufgaben auf die Rechtspfleger zu übertragen. 

Leider muss man dazu sagen, dass diese „Aufgabenverlagerung“ wohl einseitig ist, denn die Ermächtigungen, die angesprochen werden, sind überwiegend bereits in Betracht gezogen und umgesetzt worden.

4. Wesentlicher Inhalt

Der Entwurf sieht die Neuordnung der Zuständigkeiten in der Geldforderungsvollstreckung und weitere Zuständigkeitsänderungen vor. 

Das Kernstück der Neuregelung ist die Aufhebung der Zuweisung jeder Art Forderungspfändungen (Geldforderungen und Herausgabeansprüche) an das Vollstreckungsgericht und damit die Erweiterung der Zuständigkeit des Gerichtsvollziehers.

Nunmehr soll für die Zwangsvollstreckung in Geldforderungen die Regelzuständigkeit des Gerichtsvollziehers gelten. Die Vollstreckung in Herausgabeansprüche (§§ 846 ff. ZPO) und in andere Vermögensrechte (§§ 857 ff. ZPO) bleiben hingegen wegen der erhöhten rechtlichen Schwierigkeit in der Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts. 

§ 828 ZPO-E regelt zukünftig angesichts der Regelzuständigkeit des Gerichtsvollziehers für die Zwangsvollstreckung nur noch dessen örtliche Zuständigkeit. 

In den §§ 848, 857 ZPO-E ist hingegen jeweils die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts anstelle derjenigen des Gerichtsvollziehers zu normieren, die bisher bereits in § 828 ZPO enthalten ist. 

Daneben enthalten beide Vorschriften Vorgaben zur jeweiligen örtlichen Zuständigkeit. Die §§ 828, 846 und 857 ZPO-E erhalten jeweils die Überschrift „Zuständigkeit und Verfahren“ und enthalten auch eine Regelung, wonach das angegangene Vollstreckungsorgan im Fall der Unzuständigkeit die Sache auf Antrag des Gläubigers an das zuständige Vollstreckungsorgan abzugeben hat. 

Der Übersichtlichkeit halber sollen die Vorschriften des Buchs 8 Abschn. 2 Titel 2 Untertitel 3 (Zwangsvollstreckung in Forderungen und an- dere Vermögensrechte) weiter unterteilt werden. 

Da das Zwangsvollstreckungsverfahren des Gerichtsvollziehers bei Pfändung und Verwertung von körperlichen Sachen in der Mobiliarzwangsvollstreckung gem. §§ 762, 763 ZPO mündlich erfolgt und der Protokollpflicht unterliegt, ist das von dem Gerichtsvollzieher zu beachtende Beschlussverfahren bei der Vollstreckung von Geldforderungen unter Gleichlauf mit den bei dem Vollstreckungsgericht verbleibenden Forderungspfändungen abweichend dazu zu regeln. 

Nach § 828 Abs. 2 ZPO-E i.V.m. § 764 Abs. 3 ZPO entscheidet der Gerichtsvollzieher durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung. Über § 828 Abs. 2 Satz 2 ZPO-E wird klargestellt, dass der Gerichtsvollzieher in den Fällen der Zwangsvollstreckung in Geldforderungen nicht auch noch ein Protokoll aufnehmen muss. 

Der Entwurf enthält zudem auch eine Erweiterung von § 766 ZPO, so dass die Vollstreckungserinnerung nicht nur gegen Maßnahmen von Vollstreckungsorganen anwendbar ist, sondern auch gegen Entscheidungen des Gerichtsvollziehers bei der Vollstreckung in Geldforderungen.

Darüber hinaus enthält der Entwurf Änderungen der §§ 16, 19 RPflG, wonach die bestehenden Öffnungsklauseln in Nachlass- und Teilungssachen aufgehoben und diese Geschäfte in Nachlass- und Teilungssachen insgesamt auf den Rechtspfleger übertragen werden.

In § 16 RPflG sind die dem Richter vorbehaltenen Geschäfte in Nachlasssachen aufgeführt. Durch die Änderung sollen die bisher über die Länderöffnungsklausel des § 19 Abs. 1 Nr. 2–5 RPflG dem Rechtspfleger übertragbaren Geschäfte bundesweit einheitlich dem Rechtspfleger übertragen werden. 

Nr. 5 wird dahingehend angepasst, dass der Richtervorbehalt hinsichtlich der Geschäfte bei der Entlassung eines Testamentsvollstreckers aus wichtigem Grund nun bundesweit aufgehoben ist. 

Der bestehenbleibende Richtervorbehalt, soweit der Erblasser den Testamentsvollstrecker selbst ernannt oder einen Dritten zu dessen Ernennung bestimmt hat, entspricht der auch in § 19 Abs. 1 Nr. 4 RPflG enthaltenen Einschränkung. 

§ 16 Abs. 1 Nr. 6 RPflG wird insoweit modifiziert, als der Rechtspfleger künftig bundesweit für die Erteilung von Erbscheinen (§ 2353 BGB) auch bei Vorliegen einer Verfügung von Todes wegen zuständig ist, soweit nicht die Anwendung ausländischen Rechts in Betracht kommt. 

Die Fälle, in denen ausnahmsweise die Anwendung ausländischen Rechts in Betracht kommt, betreffen in aller Regel rechtlich hochkomplexe Fallkonstellationen. 

In § 16 Abs. 3 RPflG wird entsprechend dem bisherigen § 19 Abs. 2 RPflG eine Vorlagepflicht aufgenommen, wonach der Rechtspfleger das Verfahren dem Richter vorzulegen hat, soweit in den bisher in § 19 Abs. 1 Nr. 2–5 RPflG genannten Geschäften Einwände gegen den Erlass der beantragten Entscheidung erhoben werden.

Die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts nach § 36 Abs. 4 InsO lässt der Entwurf unberührt. Zwar sind über diese Vorschrift im Insolvenzverfahren auch Vorschriften zur Anwendung zu bringen, die nach dem Entwurf außerhalb des Insolvenzverfahrens vom Gerichtsvollzieher anzuwenden sind.

Als Gesamtverfahren dient das Insolvenzverfahren indessen der insolvenzbedingten Gesamtbereinigung der Vermögensverhältnisse des Schuldners.

Daher sollte eine Zersplitterung der Zuständigkeiten für Teilaspekte des Verfahrens vermieden werden, wie sie aber geschaffen würde, wenn man die Entscheidung über die Pfändungsgrenzen und, spiegelbildlich dazu, über den Umfang der Insolvenzmasse dem mit dem Verfahren nicht vertrauten Gerichtsvollzieher übertrüge.

Muss das sein, und ist es sinnvoll?

Wie bereits erwähnt, wurde eine „Neuordnung von Zuständigkeiten in Zwangsvollstreckungs- und Insolvenzsachen und Vereinheitlichung von Zuständigkeiten aus den Länderöffnungsklauseln des § 19 Rechtspflegergesetz (RPflG)“ schon öfter diskutiert. 

Betrachtet man den Zeitraum zwischen Diskussionspapier von 2023 und dem nun vorliegenden RefE und blickt in die Zukunft einer neuen Regierung im Jahr 2025, dürfte fraglich sein, ob das Projekt tatsächlich umgesetzt werden wird oder aber dem Grundsatz der Diskontinuität zum Opfer fallen wird. Dies zu Recht!

Bereits im Jahr 2020 wurde ein solches Vorgehen von der AfD initiiert und zu Recht von den Fachleuten abgelehnt; damals im Übrigen noch von allen anderen Parteien! 

Weshalb das Bundesjustizministerium nun diese Überlegungen aufgreift, bleibt unklar. Eine „Not“ besteht nicht – ein sinnvolles Umsetzungskonzept ebenfalls nicht!

Ein Kompetenzzuwachs bei den Gerichtsvollziehern wäre sinnvollerweise nur dann umsetzbar, wenn eine entsprechende Qualifikation vorhanden wäre. Dies erfordert eine Nachjustierung bei der Ausbildung – eine Möglichkeit, die nur langfristig umsetzbar ist.

Ein Hochschulstudium, wie es die Gerichtsvollzieher in Baden- Württemberg kennen, wird von den anderen Bundesländern abge- lehnt (vgl. JuMiKo v. 07.11.2019, Top 5, abrufbar unter: schleswig-holstein.de/DE/Schwerpunkte/JUMIKO2019/Downloads/191107_beschluesse/TOPI_5.pdf). 

Selbst dieses würde zudem nicht befähigen, die Aufgaben zu übernehmen. Tatsächlich ist das Hochschulstudium in Baden-Württemberg zudem kein Erfolg. 

Dieser Ausbildungsgang wird kaum noch beansprucht, eine Handvoll Absolventen und Interessenten sind zu verzeichnen. Selbst der Rechnungshof untersucht den Nutzen angeblich derzeit. 

Ein Studiengang, der mehr kostet als nutzt und nur noch für eine Handvoll Studenten erfolgt, dürfte dem Steuerzahler folgerichtig die Frage nach dem Warum abringen. 

Die Tatsache, dass – bewusst – die übrigen Länder eine solche Erweiterung ablehnen, stattdessen auf die bewährten Kenntnisse des Rechtspflegers setzen, zeigt im Übrigen, dass für eine solche Änderung keine Lobby bestehen dürfte.

Auch die damalige Begründung – „der Umfang dieses Studiums steht dem Studienumfang eines Rechtspflegers in nichts nach“ – erscheint nicht stimmig. 

Das Studium der Rechtspfleger ist dem des Gerichtsvollzieher bei weitem überlegen. Nicht einmal im Ansatz ist Vermittlung von Rechtskenntnissen identisch, so ist doch der Gerichtsvollzieher auch Beamter des mittleren Dienst, der Diplom-Rechtspfleger Beamter des gehobenen Dienstes. 

Nicht zuletzt deswegen besitzt Letzterer auch die – neben den Richtern – einmalige Besonderheit der sachlichen Unabhängigkeit. In seinen Entscheidungen ist er nur dem Gesetz unterworfen. 

Weiter werden im Studium des Rechtspflegers wesentlich breiter auch andere, notwendige Rechtskenntnisse etwa des Handels- und Gesellschaftsrechts, des Insolvenzrechts, der Buchführung und Bilanzkunde, des Registerrechts, des Grundbuchrechts u.v.a. vermittelt. 

Die Forderungsvollstreckung bildet zudem lediglich einen kleinen Arbeitskraftanteil im täglichen Geschäft und dürfte kaum geeignet sein, das Berufsbild des Gerichtsvollziehers „zu retten“.

Letzterer „kämpft“ freilich mit den Folgen einer verkürzten Restschuldbefreiung einerseits, der Konkurrenz der Inkassounternehmen andererseits. Zusammenfassend dürfte das Ansinnen aus verschiedenen Aspekten heraus auch wenig ökonomisch sein:

  • Rechtskenntnisse müssten doppelt vermittelt werden, denn selbst bei einer Übertragung auf den Gerichtsvollzieher wären z.B. im Bereich des Gesamtvollstreckungsverfahrens und der Strafvollstreckung auch beim Rechtspfleger weiterhin die erforderlichen Kenntnisse notwendig.
  • Eine ausreichende Befähigung der Gerichtsvollzieher besteht bundesweit nicht. Auch die geringen Abschlusszahlen in Baden-Württemberg würden den Bedarf nicht decken. Letztlich müsste man also großflächig schulen – für ein Aufgabengebiet, welches bereits heute gut und adäquat – im Übrigen sachlich unabhängig – bewerkstelligt wird. Gerade die gesetzliche Unabhängigkeit in der Entscheidungsfindung ist ein hohes Gut, welches nicht geopfert werden sollte.
  • Auch ist mit keiner Zeitersparnis zu rechnen. Eine Argumentation, der Titel kann beim Gerichtsvollzieher verbleiben und somit eine Zeitersparnis erreicht werden, dürfte bereits mit der flächendeckenden Einführung der E-Akte ins Leere laufen (vgl. Initiativstellungnahme des Bundes Deutscher Rechtspfleger e.V., Schreiben v. 29.07.2019 an das Bundesjustizministerium.). Auch die Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie und die damit einhergehende Verkürzung der Wohlverhaltensperiode im Insolvenzverfahren hatten auf die Einzelzwangsvollstreckung Auswirkungen. Letztlich werden die gewünschten Fallzahlen für die Gerichtsvollzieher wohl nicht mehr existent werden.

Sonstige Änderungen 2025 aus Insolvenz und Zwangsvollstreckung

An dieser Stelle wollen wir Sie aktuell über weitere Neuerungen, Entscheidungen oder Vorhaben unterrichten.

1. Aktuelles

Der Paradigmenwechsel ist eingetreten. Die Insolvenzzahlen bewegen sich konstant hoch und haben nach Angaben des INDat-Report (Ausgabe 8/2024, S. 82).einen Höchststand seit 2009 erreicht. Es ist folglich anzunehmen, dass Themen rund um Insolvenz, Voll- streckung und Sanierung zukünftig wieder häufiger auf der Agenda stehen werden.

2. Harmonisierung des Insolvenzrechts

Im Jahr 2023 legte der europäische Rat einen Richtlinienentwurf zur Harmonisierung des Insolvenzrechts vor. Hiernach sollten bestimmte Nachforschungsrechte (Asset Tracing) für Gericht und Verwalter erweitert und auch neue Instrumente wie ein Pre-Pack-Verfahren etabliert werden. 

Darunter versteht man die Möglichkeit, bereits im Stillen vor förmlicher Einleitung eines Insolvenzverfahrens den Unternehmensverkauf zu den Bedingungen eines ansonsten nur im eröffneten Insolvenzverfahren möglichen Asset Deals unter Ausschluss der Übernahme von Altverbindlichkeiten an einen Meistbietenden vorzubereiten. 

Schildbürgerhaft erschien damals bereits das Ansinnen, Verwalterrechte im sogenannten Asset Tracing zu stärken, wollte man doch im Umkehrschluss in ca. 80–90 % aller Verfahren gar keinen Verwalter mehr haben. 

Als Kleinstunternehmen sollten nach dem Richtlinienentwurf Unternehmen gelten, die weniger als zehn Mitarbeiter be- schäftigen bei jährlichen Umsätzen von nicht mehr als 2 Mio. € oder einer Bilanzsumme von nicht mehr als 2 Mio. €.

Dies sind nach gegenwärtigen Schätzungen zwischen 80 und 90 % aller Unternehmensinsolvenzverfahren in Deutschland. 

In diesen Verfahren soll zukünftig kein Insolvenzverwalter mehr bestellt werden (Ausnahme: Dies wurde vom Schuldner oder einem Gläubiger oder eine Gläubigergruppe beantragt, und (zusätzlich!) die Kosten können aus der Masse aufgebracht werden), und das Verfahren soll in Eigenverwaltung abgewickelt werden. 

Auch sollten solche Verfahren ungeachtet der Liquidität stets eröffnet (Anm.: notfalls auf Kosten des Steuerzahlers!) und elektronisch durchgeführt werden. 

Auch sollte eine Forderungsanmeldefiktion geschaffen werden. Forderungen gegen den Schuldner sollten dabei ohne weitere Maßnahmen seitens der betreffenden Gläubiger als angemeldet gelten und so wie vom Schuldner eingereicht als festgestellt, wenn der Schuldner diese Forderungen angegeben hat und nicht binnen 30 Tagen (durch den Gläubiger) widersprochen wurde. 

Das vereinfachte Liquidationsverfahren sollte zudem bei der Verwertung des Vermögens mittels elektronischen Auktionsplattformen stattfinden. 

Hört man sich nun um, scheint das Vorhaben fallengelassen worden zu sein. Die Richtlinie zur Harmonisierung scheint allen Experten nach nur noch „marginal“ umgesetzt zu werden, nämlich bei Nachjustierung der Anfechtungsvorschriften. 

„Vom Tisch“ scheint damit erst einmal das weitere Vorhaben zu sein, insbesondere auch das weitere Ansinnen, damit die Insolvenzgerichte stärker zu zentralisieren.

3. Wie löse ich die Verstrickung richtig?

Das AG Hannover (AG Hannover v. 01.08.2024 – 907 IN 283/23-5.) hatte sich jüngst mit der häufig diskutierten Frage zu befassen, wie „vorzugehen“ ist, wenn Insolvenz und Zwangsvollstreckung zusammentreffen. 

Hierbei ist meist ein Verstoß gegen ein Vollstreckungsverbot oder gegen die sogenannte Rückschlagsperre zu verzeichnen. Vollstreckungsverbote und Rückschlagsperre bilden die beiden Ergänzungen zum Anfechtungsrecht. 

Während Letzteres rechtsgeschäftliche Vermögensverschiebungen beseitigen soll, können Vollstreckungsverbote und die Rückschlagsperre vollstreckungsrechtlich erlangte Sicherungen (nicht Befriedigungen!) für unwirksam bzw. unzulässig erklären und im Nachhinein beseitigen. 

Trotz Verstoßes gegen die beiden Beschränkungen tritt eine Verstrickung ein, wie der BGH (BGH, Urt. v. 21.09.2017 – IX ZR 40/17, InsbürO 2017, 506 = ZInsO 2017, 2267 = ZIP 2017, 2016, Rdnr. 15; MOCK, in: UHLENBRUCK, Kommentar zur InsO, 14. Aufl., § 89 Rdnr. 40.) bereits festgestellt hat. 

Letztlich ist es daher Aufgabe des Insolvenzverwalters, diese zu beseitigen. Dies kann mittels nachgesuchter „Außervollzugsetzung“ (BGH v. 19.11.2020 – IX ZR 210/19) der Vollstreckungsmaßnahme erfolgen oder aber mittels Aufhebung (Siehe hierzu: LISSNER, ZInsO 2020, 645 ff.).

Die Rückschlagsperre ist in § 88 InsO geregelt und verfolgt das Ziel, solche Sicherungen zu beseitigen, die vielleicht erst in Kenntnis des drohenden Verfahrens „in letzter Minute“, jedenfalls bereits in der Krise, erlangt wurden und welche bei Bestand eine Befriedigung der Gläubigergesamtheit beeinträchtigen würden. 

Durch das Insolvenzverfahren soll eine gemeinschaftliche und gleichmäßige Befriedigung der Insolvenzgläubiger erreicht werden. Durch die „Rückschlagsperre“ werden solche zweckwidrigen Sicherungen mit Eröffnung unwirksam, sofern sie innerhalb eines gewissen Zeitraums erlangt wurden. 

§ 88 InsO dient also dem Erhalt der Masse und trägt dem Grundsatz der gleichmäßigen und bestmöglichen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger Rechnung (LISSNER/KNAUFT, Handbuch Insolvenz, 1. Aufl., Rdnr. 695.). 

§ 88 InsO differenziert dabei zwischen einer Unternehmens- und einer Verbraucherinsolvenz. Während bei der Unternehmensinsolvenz der Zeitraum der Rückschlagsperre nur einen Monat (gerechnet rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung) beträgt, gestattet es die Vorschrift im Verbraucherinsolvenzverfahren, Sicherungen bis zu drei Monate rückwirkend für unwirksam zu erklären.

In der Insolvenzordnung sind „diverse“ Vollstreckungsverbote geregelt:

  • Vollstreckungsverbot nach § 89 Abs. 1 InsO
  • Erweitertes Vollstreckungsverbot nach § 89 Abs. 2 InsO
  • Vollstreckungsverbot nach § 90 Abs. 1 InsO
  • Vollstreckungsverbot nach § 210 InsO
  • Vollstreckungsverbot nach § 294 Abs. 1 InsO
  • Vollstreckungsverbote im Nachlassinsolvenzverfahren

Auch die Vollstreckungsverbote bezwecken das Gleiche wie die Rückschlagsperre, nämlich die Sicherung der Masse zugunsten der Gesamtgläubigerschaft und gegen einzelne Gläubigerbevorteilung. 

Die Gleichbehandlung aller Insolvenzgläubiger steht im Vordergrund. Keinem Insolvenzgläubiger sollen Vorteile verschafft werden. Dieser Grundsatz verbietet es, dass sich einzelne Gläubiger im laufenden Insolvenzverfahren ein besseres Recht auf Befriedigung verschaffen.

Wie der BGH (siehe oben) festgestellt hat, bleibt aber bei einem Verstoß gegen diese Beschränkungen die Verstrickung hiergegen gleichwohl bestehen und muss beseitigt werden. 

Fraglich ist es dabei, wer dann zuständig ist, wenn nicht das Gericht diese Vollstreckungsmaßnahme ausgesprochen hat, sondern ein Akt der Verwaltungsvollstreckung vorliegt. Entscheidet dann auch das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht?

Klar ist: Wird gegen die Rückschlagsperre oder gegen ein Vollstreckungsverbot verstoßen, tritt, wie der BGH (BGH, Urt. v. 21.09.2017 – IX ZR 40/17, InsbürO 2017, 506, Rdnr. 15 = ZInsO 2017, 2267 = ZIP 2017, 2016; MOCK, in: UHLENBRUCK, Kommentar zur InsO, 14. Aufl., § 89 Rdnr. 40). bereits festgestellt hat, eine Verstrickung gleichwohl ein. 

Gegen diese unzulässige Einzelzwangsvollstreckung müssen der Insolvenzverwalter als „Inhaber“ der Masse im laufenden Verfahren und der Schuldner in der Wohlverhaltensphase ebenfalls vorgehen. 

Dies geschieht in der Praxis dadurch, dass der Insolvenzverwalter (Schuldner) gem.§ 766 ZPO bei einer unzulässigen oder (nachträglich) unwirksamen Vollstreckungshandlung Erinnerung einzulegen hat.

Ein Automatismus existiert nämlich nicht – auch solche Maßnahmen, die nicht hätten ergehen dürfen oder im Nachhinein sich als unwirksam herausstellen, lösen eine Verstrickung aus (BGH, Urt. v. 21.09.2017 – IX ZR 40/17.). 

Die Beseitigung der so eingetretenen Verstrickung kann mittels nachgesuchter „Außervollzugsetzung“ (GH v. 19.11.2020 – IX ZR 210/19) der Vollstreckungsmaßnahme erfolgen oder aber mittels Aufhebung (Siehe hierzu: LISSNER, ZInsO 2020, 645 ff.). 

Beides wurde in der Rechtsprechung und Literatur als denkbar erachtet. Anzumerken ist aber, dass sich der BGH zuletzt „klar“ – und zwar binnen Jahresfrist – zweimal für die Aussetzung ausgesprochen hat. 

Zulässiges Rechtsmittel sowohl gegen die unwirksame Vollstreckung (Rückschlagsperre) als auch gegen die unzulässige Vollstreckung (Verstoß gegen eines der Vollstreckungsverbote) ist die Erinnerung nach § 766 ZPO, welche auch für das Insolvenzverfahren gilt und über welches nur im laufenden Verfahren das Insolvenzgericht als besonderes Vollstreckungsgericht entscheidet. 

Dies gilt auch für eine Verwaltungsvollstreckung. Hat also eine Verwaltungsvollstreckungsbehörde – beispielsweise das Finanzamt – vollstreckt und dabei gegen ein Vollstreckungsverbot oder gegen die Rückschlagsperre verstoßen, ergibt sich ebenfalls eine Zuständigkeit des Insolvenzgerichts. 

Nach Aufhebung des Verfahrens ist wiederum das „herkömmliche“ Vollstreckungsgericht bzw. die zuständige Behörde zuständig. „Bevor“ es jedoch so weit kommt, gilt der Grundsatz: „Wer den Schaden angerichtet hat, soll ihn auch richten.“ 

Das Gesetz bietet daher bevor es zur Zuständigkeit des Insolvenzgerichts kommt, dem jeweiligen Entscheider ein Abhilferecht. Umstritten ist jedoch, welche Stelle dieses Abhilferecht wahrnehmen soll.

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