Dieser Beitrag bietet Ihnen einen Überblick über die wichtigsten Neuerungen der geplanten Reform, die darauf abzielt, die partnerschaftliche Kinderbetreuung zu erleichtern, die Autonomie im Sorge- und Umgangsrecht zu stärken, Kinderrechte zu schützen, häusliche Gewalt zu bekämpfen und das Adoptionsrecht zu liberalisieren.
Als Anwalt/ Anwältin trefen Sie hier auf eine Reihe von Änderungen, die Sie bei der Beratung und Vertretung Ihrer Mandanten im Blick haben sollten. Über die konkreten praktischen Auswirkungen der Kindschaftsrechtsreform informieren wir Sie in Kürze auf diesen Seiten.
Warum ist die Reform des Kindschaftsrechts notwendig?
Die Reform des Kindschaftsrechts ist notwendig aus mehreren Gründen:
- Anpassung an moderne Familienstrukturen: Viele Kinder wachsen heutzutage in nichtehelichen Lebensgemeinschaften, Trennungs-, Patchwork- oder Regenbogenfamilien auf. Das bestehende Sorge- und Umgangsrecht ist oft nicht ausreichend auf diese vielfältigen Familienkonstellationen zugeschnitten, was die partnerschaftliche Betreuung von Kindern erschwert.
- Stärkung der Rechtsposition von Kindern: Die Reform zielt darauf ab, die Rechtsstellung von Kindern zu stärken und ihr Wohl zu fördern.
- Schutz vor häuslicher Gewalt: Die Reform soll den Schutz vor häuslicher Gewalt in Sorge- und Umgangsverfahren verbessern. Es wird angestrebt, dass das Familiengericht Anhaltspunkten für häusliche Gewalt umfassend nachgeht und eine Risikoanalyse durchführt.
- Liberalisierung des Adoptionsrechts: Das Adoptionsrecht soll liberalisiert werden, um auch Paaren, die nicht verheiratet sind, die Möglichkeit zu geben, gemeinsam ein Kind zu adoptieren. Bisher war dies nur verheirateten Paaren vorbehalten .
Insgesamt soll die Reform des Kindschaftsrechts dazu beitragen, die rechtlichen Rahmenbedingungen an die heutige gesellschaftliche Realität anzupassen, die Rechte von Kindern zu stärken und den Schutz vor häuslicher Gewalt zu verbessern.
Welche konkreten Maßnahmen werden bei der Kindschaftsrechtsreform 2024 ergriffen, um die partnerschaftliche Kinderbetreuung in verschiedenen Familienkonstellationen zu fördern?
Um die partnerschaftliche Kinderbetreuung in verschiedenen Familienkonstellationen zu fördern, werden in der geplanten Reform des Kindschaftsrechts folgende konkrete Maßnahmen ergriffen:
- Mehr Autonomie im Sorge- und Umgangsrecht: Eltern sollen die Möglichkeit erhalten, Vereinbarungen über das Sorgerecht zu treffen, einschließlich der Alleinsorge eines Elternteils oder der Übertragung der elterlichen Sorge von einem Elternteil auf den anderen. Zudem sollen Eltern mit Dritten Vereinbarungen über das Umgangsrecht schließen können.
- Alleinentscheidungsbefugnis: In Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes sollen getrenntlebende Elternteile mit gemeinsamem Sorgerecht künftig jeweils allein entscheiden können für den Zeitraum, in dem sich das Kind bei ihnen aufhält.
- „Kleines Sorgerecht”: Die sorgeberechtigten Eltern können künftig durch Vereinbarung bis zu zwei weiteren Personen, wie zum Beispiel ihren jeweils neuen Partnern, sorgerechtliche Befugnisse einräumen.
- Sorgerecht in nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften: Ein Vater, der mit der Mutter zusammenwohnt, aber nicht verheiratet ist, soll künftig einfacher das Sorgerecht erlangen können: Wenn die Mutter nicht widerspricht, soll eine einseitige, beurkundete Erklärung ausreichen.
- Stärkung der Kinderrechte: Kinder sollen ein Recht auf Umgang mit Großeltern, Geschwistern, anderen Bezugspersonen sowie mit leiblichen, nicht rechtlichen Elternteilen erhalten. Dies soll dazu beitragen, die partnerschaftliche Betreuung von Kindern in verschiedenen Familienkonstellationen zu fördern. Auch sollen Kinder einen Anspruch gegen ihre Eltern auf Information über ihre Abstammung haben. Schließlich sollen Kinder ab 14 Jahren künftig Mitentscheidungsbefugnisse im Sorge- und Umgangsrecht haben.
- Wechselmodell: Das Wechselmodell, bei dem das Kind abwechselnd bei beiden Elternteilen lebt, soll gesetzlich geregelt werden. Das Familiengericht kann in einem Umgangsverfahren eine Betreuung durch beide Elternteile anordnen, wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht.
- Schutz vor häuslicher Gewalt: Es soll bei Anhaltspunkten eine Ermittlungspflicht des Familiengerichts in Umgangsverfahren geben sowie eine Pflicht zur Risikoanalyse. Bei Partnerschaftsgewalt soll zudem ein gemeinsames Sorgerecht regelmäßig ausscheiden.
- Adoptionsrecht: Auch Paare, die nicht verheiratet sind, sollen gemeinsam ein Kind adoptieren können. Verheiratete Personen sollen künftig auch allein ein Kind adoptieren können.
Aktueller Stand der Kindschaftsrechtsreform: Im Januar 2024 hat das BMJ ein Eckpunktepapier vorgestellt. Ein Gesetzentwurf wird fürs erste Halbjahr 2024 erwartet. Wir halten Sie hier auf dem Laufenden.
Dokumente zur Reform im Kindschaftsrecht
BMJ, Januar 2024: Die Eckpunkte für die Reform des Kindschaftsrechts - kurze Zusammenfassung - (PDF)