SPD, Grüne und FDP haben im Koalitionsvertrag viele neue Vorhaben niedergeschrieben. So sind auch einige Reformen im Familienrecht geplant. Die Ampelkoalition plant eine Reform des Sorge- und Umgangsrechts, des Abstammungs- und Adoptionsrecht sowie des Unterhaltsrechts. Gewaltschutz, Sorgerecht, Elterngeld, Steuerklassen, Kinderrechte und Regenbogenfamilien werden in dem Koalitionsvertrag ebenso adressiert.
Sorge- und Umgangsrecht
Die Reform im Sorgerecht sieht vor, das Sorgerecht auf das „kleine Sorgerecht“ für soziale Eltern auszuweiten. Dieses kann im Einvernehmen mit den rechtlichen Eltern auf bis zu zwei weitere Erwachsene übertragen werden, sofern es zu einem eigenen Rechtsinstitut weiterentwickelt wird.
Unverheirateten Vätern soll es, sofern die Eltern den gleichen Wohnsitz haben, ermöglicht werden, das gemeinsame Sorgerecht durch eine einseitige Erklärung zu erlangen. Die Zustimmung der Mutter ist nicht mehr nötig. Diese kann jedoch widersprechen.
Liegt ein Widerspruch der Mutter vor, muss das Familiengericht über die gemeinsame Sorge entscheiden. Dabei soll der Fokus immer auf dem Kindeswohl liegen, wie die Ampelkoalition im Koalitionsvertrag betont.
Die Modernisierung soll zukünftig außerdem mit Studien begleitet werden.
Grundlegend plant die Ampelkoalition, Vereinbarungen zu rechtlicher Elternschaft, elterlicher Sorge, Umgangsrecht und Unterhalt schon vor der Empfängnis zu ermöglichen. Bisher können nur werdende Eltern Regelungen zu diesen Themen treffen. Durch die Reform soll Paaren mit Kinderwunsch die Möglichkeit gegeben werden, vor der Schwangerschaft Vereinbarungen zu treffen.
Institut der Verantwortungsgemeinschaft
Ganz neu eingeführt werden soll die Verantwortungsgemeinschaft als neues Rechtsinstitut. Diese kann unabhängig vom Geschlecht und jenseits von Liebesbeziehungen geschlossen werden. Durch die Verantwortungsgemeinschaft haben zwei oder mehr volljährige Personen die Möglichkeit, rechtlich füreinander Verantwortung zu übernehmen.
Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften
Der Koalitionsvertrag widmet sich auch der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Wird ein Kind in die Ehe zweier Frauen geboren, so sind, sofern keine anderen Vereinbarungen getroffen wurden, beide rechtlich die Mutter des Kindes.
Um die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften noch weiterzubringen, ist auch eine Änderung im Adoptionsrecht geplant. Diese Änderung regelt, dass die Ehe bei der Adoption eines minderjährigen Kindes kein ausschlaggebendes Kriterium mehr ist.
Weiterhin soll eine Elternschaftsanerkennung außerhalb der Ehe, losgelöst vom Geschlecht oder einem Scheidungsverfahren der anerkennenden Person möglich sein.
Abstammungsrecht
Die Ampelkoalition will dafür sorgen, dass ein statusunabhängiges Feststellungsverfahren eingeführt wird. Das bedeutet, dass ein Kind seine Abstammung gerichtlich klären lassen kann und dies, im Unterschied zu der bisherigen Regelung, geschehen kann, ohne die rechtliche Elternschaft anfechten zu müssen.
Außerdem ist geplant, das Samenspenderregister für Embryonenspenden, private Samenspenden und bisherige Fälle zu öffnen.
Umgangsrecht
Im Falle einer Trennung der Eltern will die Ampelkoalition dafür sorgen, dass die Kinder ausreichend gefördert werden. Dies soll erreicht werden, indem die umgangs- und betreuungsbedingten Mehrbelastungen im Sozial- und Steuerrecht besser berücksichtigt werden.
Der Koalitionsvertrag setzt allgemein das Ziel fest, eine am Kindeswohl orientierte partnerschaftliche Betreuung minderjähriger Kinder für alle Familien zu ermöglichen. Dabei wollen die Ampelparteien dafür sorgen, dass alle erforderlichen Bedingungen geschaffen werden.
In Zusammenarbeit mit den Ländern wollen SPD, FDP und die Grünen die Erziehungs-, Trennungs- und Konfliktberatung verbessern. Gesetzt wird hierbei vor allem auf das Wechselmodell.
Die Parteien formulieren hier ein klares Ziel: Sie wollen Kindern ein eigenes Recht auf Umgang mit den Geschwistern und Großeltern geben.
Unterhaltsrecht
Ohne das Existenzminimum eines Kindes zu gefährden, sollen nun im Unterhaltsrecht die Betreuungsanteile vor und nach der Scheidung der Eltern mehr berücksichtigt werden.
Namensrecht
Auch im Namensrecht soll es eine Reform geben. Das Namensrecht soll insofern liberalisiert werden, dass die Einführung echter Doppelnamen ermöglicht wird.
Familienrecht
Der Kinderschutz und das Prinzip der Mündigkeit soll in familienrechtlichen Verfahren gestärkt werden.
Ein Fortbildungsanspruch für Familienrichter*innen soll in der Zukunft gesetzlich verankert werden und die Hürden für die Nichtzulassungsbeschwerde sollen grundsätzlich gesenkt werden.
Gewaltschutz
Das Kindeswohl wird im Koalitionsvertrag häufig als Zentrum der Vorhaben genannt. Deswegen wird festgelegt, dass, wenn häusliche Gewalt festgestellt wird, dies in einem Umgangsverfahren zwingend zu berücksichtigen ist.
Elterngeld
Das Elterngeld soll in vielen Punkten reformiert werden. Grundlegend soll das Elterngeld vereinfacht und digitalisiert werden sowie die gemeinschaftliche elterliche Verantwortung gestärkt. Das ist zumindest das Ziel der Ampelparteien.
Auch setzt sich die Koalition zum Ziel, die Zahl der Betreuungsmonate beim Elterngeld zu erhöhen. Die Partnermonate beim Basis-Elterngeld sollen demnach um einen Monat ausgeweitet werden. Dies gilt auch für Alleinerziehende.
SPD, FDP und Grüne planen auch Pflegeeltern einen Elterngeldanspruch zu gewähren. Weiterhin soll der Anspruch für Selbstständige modernisiert werden. Allgemein soll der Basis- und Höchstbetrag dynamisiert werden.
Für Eltern deren Kind vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren wird, soll der Anspruch auf Elterngeld ebenfalls ausgeweitet werden.
Außerdem soll eine zweiwöchige vergütete Freistellung nach der Geburt eines Kindes für den Partner oder die Partnerin eingeführt werden. Auch Alleinerziehenden soll diese Möglichkeit gegeben werden.
Den Mutterschutz und die Freistellung für den Partner bzw. die Partnerin soll es bei Fehl- bzw. Totgeburt künftig nach der 20. Schwangerschaftswoche geben.
Regenbogenfamilien/ gleichgeschlechtliche Partnerschaften
Die Ampelkoalition kündigt im Koalitionsvertrag an dafür eintreten zu wollen, dass Regenbogenfamilien sowie in der EU geschlossene Ehen oder Lebenspartnerschaften zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern in allen Mitgliedsstaaten mit allen Rechtsfolgen anerkannt werden.
Steuerklassen
Um die digitale Interaktion zwischen Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung zu verbessern, werden die Kombinationen aus Steuerklasse III und V in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV überführt. Die Koalition plant das Vorhaben umzusetzen, da es einfach und unbürokratisch anzuwenden sei und mehr Fairness schaffe.
Durch weitere Änderungen in der Familienbesteuerung soll partnerschaftliche Verantwortung und wirtschaftliche Unabhängigkeit im Hinblick auf alle Familienformen gestärkt werden.
Kinderrechte
In der letzten Legislaturperiode ist das Vorhaben, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern, gescheitert. Die Ampelkoalition widmet sich in dieser Legislaturperiode dem Vorhaben erneut.
Im Koalitionsvertrag ist auch festgehalten, dass Kinderarmut bekämpft werden soll.
Kindergrundsicherung
Die Ampelkoalition plant eine Kindergrundsicherung einzuführen. Diese soll bessere Chancen für Kinder und Jugendliche schaffen. Der Vorgang der Auszahlung und Berechnung der Kindergrundsicherung soll automatisiert geschehen.
Grundlegend geht es bei diesem Vorhaben darum Kinder aus der Armut zu holen. Die Parteien wollen dabei vor allem auf Digitalisierung und Entbürokratisierung setzten.
Die von den Ampelparteien geplante Kindergrundsicherung soll aus zwei Komponenten zusammengesetzt werden
- Aus einem einkommensunabhängigen Garantiebetrag, welcher für alle Kinder und Jugendlichen die gleiche Höhe beträgt sowie
- einem vom Elterneinkommen abhängigen, gestaffelten Zusatzbetrag
Anspruchsberechtigte, die die Volljährigkeit erreicht haben, beziehen die Leitung direkt.