Fand bisher das jeweilige Recht des Staates Anwendung, dessen Staatsangehörigkeit der Verstorbene besaß, so ändert sich das mit Geltung der Eu-ErbVO ab dem 17.08.2015 grundlegend. Die Staatsangehörigkeit spielt dann keine Rolle mehr.
Ab August wird das Recht des Staates zur Anwendung kommen, im dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes den gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Das gilt ebenso für seinen Nachlass. Während vor dem 17.08.2015 verschieden gelegene Nachlassgüter in unterschiedlichen Staaten unter das jeweilige Erbrecht fiehlen, gilt ab August, dass der Nachlass eines Erblasser nur noch unter eine Rechtslage fällt.
Beispiel:
Ein Spanier, der seinen Lebensabend im schönen Südtirol verbringt und zugleich noch Immobilien in Paris und in Köln besitzt, wird nach italienischem Recht beerbt werden. Sein gesamter Nachlass wird nach italienischem Recht behandelt.
Beachte:
Abgedeckt durch die EU-ErbVO ist sowohl bewgliches als auch unbewegliches Vermögen. Es kommt daher nicht zu einer Nachlassspaltung. Ungeklärt sind Fragen des ehelichen Güterrechts, dinglicher Rechte und Eintragungen von Rechten. Ein klärendes Schreiben des EUGh wird erwartet.
Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts
Im Gegensatz zur Feststellung der Staatsangehörigkeit, bereitet die Bestimmung des letzten gewöhnlichen Aufenthalts erhebliche praktische Probleme.
Denn möchte man den gewöhnlichen Aufenthalt i. S. d. EU-Erbrechtsverordnung bestimmten, bietet die neue Regelung leider nur wenig Lösunghifen an: Laut Verordnung ist das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts anzuwenden - die Verordnung regelt aber nicht näher, wie genau der letzte gewöhnliche Aufenthalt zu definieren ist. Schwierigkeiten bei der Bestimmung werden besonders dort auftreten, wo Erblasser an mehreren Orten gelebt haben.
Beispiel:
Ein Rentner mit deutscher Staatsanehörigkeit verbringt seinen Lebensabend halbjährig in Spanien und in Schweden. Verstorben ist er in Spanien. Laut EU-ErbVO deutet alles auf spanisches Recht hin - doch die Bestimmung des letzten gewöhnlichen Aufenthalts ist durch den häufigen Wechsel nicht eindeutig.
Lediglich eines steht fest: Der letzte gewöhnliche Aufenthalt ist nicht identisch mit der Staatsangehörigkeit des Verstorbenen.
Lebensumstände betrachten!
Um den gewöhnlichen Aufenthalt i.S.d. EU-ErbVO festzustellen, ist eine Gesamtbeurteilung der Lebensumstände des Erblassers in den Jahren vor seinem Ableben erforderlich:
- Wie oft und wie lang hat er sich in einem Staat aufgehalten?
- Hat er dort soziale und/oder familiäre Bindungen?
- Geht er in einem Staat einer Arbeit nach?
Ebenso wichtig sind Indizien wie Vermögengegenstände, die Sprachfertigkeit und – von besonderer Bedeutung – der Wohnsitz. Denn die Wahl des Wohnsitzes setzt Geschäftsfähigkeit voraus – also eine willentliche Erklärung des Verstorbenen.
Engere Bindung: Grundsatz ist aussetzbar
Art. 21 der EU-ErbVO sieht eine Aussnahme vom gewöhnlichen Grundsatz vor:
In den Fällen, in denen sich bei der Gesamtbeurteilung der Lebensumstände eines Erblasser ergibt, dass er eine engere Bindung zu einem anderen Staat hatte, kann vom Regelgrundsatz des letzten gewöhnlichen Aufenthalts abgesehen werden. Der Nachlass wird dann der Rechtslage des Staates unterstellt, zu dem der Erblasser eine scheinbar engere Bindung gehabt hatte.
Beispiel:
Aus beruflichen Gründen muss ein Deutscher für eine Zeit nach Spanien. Dort verstirbt er. Nach dem Grundsatz des letzten gewöhnlichen Aufenthalts muss sein Erbe dann unter spanisches Recht gestellt werden. Da er aber nur aus beruflichen Gründen in Spanien verweilte, kann vom Grundsatz abgesehen werden - vorausgesetzt der Verstorbene hat den Willen geäußert, dass er in sein Heimatland zurückkehren möchte. Sein Nachlass wird dann deutschem Erbrecht unterstellt.
Praxistipp:
Diese Willenserklärung entspricht noch nicht der Rechtswahl. Im Interesse Ihrer Mandanten, aber auch deren Erben, sollten Sie Erblasser daher darüber informieren, dass ihre Rechtswahl explizit zu formulieren ist.