Viele Menschen verbringen Ihren Lebensabend gern in anderen Ländern. Aus Sicht des Erblassers besteht daher ein dringendes Bedürfnis, dass seine errichtete letztwillige Verfügung auch dann noch Rechtsgültigkeit besitzt, wenn sich in der Folgezeit das anwendbare Recht ändert.
Beispiel:
Ein Deutscher erichtet in Deutschland sein Testament. Zieht er nun nach Spanien und verbringt dort seinen Lebensabend, ändert sich damit auch sein gewöhnlicher Aufenthalt.
Laut EU-ErbVO hat das Auswirkungen auf seinen Nachlass im Falle seines Ablebens anwendbare Recht - aber was ist mit seinem Testament? Gilt plötzlich spanisches Recht für ein nach deutschem Recht errichtetes Testament?
Einseitige Testamente und Erbverträge
Bei einseitigen Testamenten und Erbverträgen unterstehen die Zulässigkeit und die materielle Wirksamkeit dem Recht, welches auf den Erbfall zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung anwendbar gewesen ist.
Das in Deutschland errichtete Testament aus dem obigen Beispiel ist deshalb nach wie vor dem deutschen Erbrecht unterstellt - egal, ob der Erblasser nun in Spanien, in Deutschland oder in einem anderen Land verstirbt.
Beachte:
Möchte er das Testament oder den Erbvertrag ändern oder widerrufen, ist allerdings das Recht anzuwenden, welches zum Zeitpunkt des Widerrufs oder der Änderung anwendbar gewesen ist. So kann es zu Rechtskonflikten kommen.
Schwachstelle Gemeinschaftliche Testamente
Vorsicht ist bei gemeinschaftlichen Testamenten geboten – hier ist die Rechtslage wegen fehlender Rechtsprechung unklar. Denn nach Definition unterfallen gemeinschaftliche Testamente sowohl Art. 24 und Art. 25 EU-ErbVO.
Das Problem der Unklarheit hat praktische Bedeutung für die Bindungswirkung bei z.B. Ehegatten: Können sie sich der Bindungswirkung von gemeinschaftlichen Testamenten mit wechselbezüglichen Verfügungen entziehen, indem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt verlegen und anschließend das Testament widerrufen? Art. 24 EU-ErbVO ermöglicht das; Art. 25 EU-ErbVO nicht.
Auf eine Klarstellung durch den EUGh wird gewartet. Wir werden sie hier zeitnah einarbeiten.
Mehrseitige Erbverträge
Für mehrseitige Erbverträge gibt es eine Sonderregel: Sie sind nur dann zulässig, wenn jedes einzelne zur Anwendung kommende Recht der unterzeichnenden Personen sie für zulässig erklärt.
Des Weiteren kommt für die materielle Wirksamkeit, die Bindungswirkung und die Auflösungsmöglichkeit nur das Recht in Frage, mit dem der Erbvertrag die engste Bindung aufweist.
Leider erklärt die EU-ErbVO auch hier nicht nähergehend, welche Kriterien für diese Bindung zu berücksichtigen sind.
Praxistipp:
Bei mehrseitigen Erbverträgen gilt außerdem Art. 25 Abs. 3 der EU-ErbVO. Hiernach ist es bei einer Rechtswahl ausreichend, wenn lediglich eine Vertragspartei die Staatsangehörigkeit des gewählten Rechts besitzt.