Sittenwidriger Ehevertrag? Notar haftet nicht für Rechtsprechungsänderung

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Belehrungen eines Notars müssen sich an der aktuellen Rechtslage orientieren. Für spätere Änderungen der Rechtsprechung haftet er nur, wenn er sie hätte voraussehen müssen. Das hat das Landgericht Frankenthal entschieden und die Haftungsklage gegen einen Notar abgewiesen, der in den 1990er Jahren einen Ehevertrag beurkundet hatte, der sämtliche ehe- und erbrechtlichen Ansprüche ausschloss.

Darum geht es

Ein Mann aus der Nähe von Bad Dürkheim schloss vor ca. 30 Jahren mit seiner Verlobten vor einem Notar aus dem Bezirk des Landgerichts Frankenthal einen Ehevertrag. Bei Abschluss des Vertrages war bereits klar, dass die Verlobte nicht in das Berufsleben eintreten, sondern innerhalb der Ehe für Kindererziehung und Haushalt zuständig sein sollte.

Dabei kam es dem späteren Ehemann darauf an, sich und seinen landwirtschaftlichen Betrieb vor Ansprüchen zu schützen, falls die Ehe scheitern sollte. Auf Rat des beurkundenden Notars verzichteten deshalb die späteren Ehegatten für den Fall einer Scheidung auf sämtliche gegenseitigen ehe- und erbrechtlichen Ansprüche.

Dieser Verzicht betraf unter anderem auch den an sich gesetzlich vorgesehenen Unterhalt und den Ausgleich unterschiedlich hoher Rentenanwartschaften (sog. Versorgungsausgleich).

Als die Eheleute sich im Jahr 2019 trennten, kam es zum Streit über die Wirksamkeit des Notarvertrags. Das für die Scheidung zuständige Amtsgericht Bad Dürkheim hatte Bedenken, ob es nicht sittenwidrig war, bei Beginn der Ehe die Rechte der Ehefrau und damit auch den Versorgungsausgleich so weitgehend auszuschließen.

Deshalb zahlte ihr der Mann ca. 300.000 € als Abfindung. Diese Summe verlangte er nun von dem damals beauftragten Notar als Schadensersatz zurück.

Der Mann argumentierte, dass er seine bei Abschluss des Vertrages schwangere Frau nicht geheiratet hätte, wenn der Notar ihn auf die mögliche Unwirksamkeit des Vertrages hingewiesen hätte. Ohne Heirat hätte er sich also die Zahlung der 300.000 € erspart.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die Klage hatte vor dem Landgericht Frankenthal keinen Erfolg.

Nach Auffassung der Kammer ist dem Notar keine schuldhafte Verletzung seiner Amtspflichten vorzuwerfen. Die Beratungspflichten eines Notars orientierten sich immer an der geltenden Rechtslage und der hierzu ergangenen Rechtsprechung.

Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses 1991 sei aber der Ausschluss sämtlicher Ansprüche der Ehefrau, also auch des Versorgungsausgleichs, von der Rechtsprechung grundsätzlich noch nicht als sittenwidrig angesehen worden.

Dies habe sich erst 10 Jahre später durch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts geändert. Diese Entwicklung habe der Notar im Jahr 1991 jedoch nicht absehen können oder müssen. Für negative Konsequenzen dieser Rechtsprechungsänderung habe er deshalb auch nicht einzustehen.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen sie kann Berufung zum Pfälzischen OLG in Zweibrücken eingelegt werden.

Landgericht Frankenthal, Urt. v. 26.07.2021 - 4 O 47/21

Quelle: Landgericht Frankenthal, Pressemitteilung v. 25.08.2021

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