Zwar stellt die Corona-Pandemie einen außergewöhnlichen Umstand dar, der nach der BGH-Rechtsprechung zum entschädigungslosen Rücktritt berechtigt, ein Reisender muss aber ggf. dann Stornogebühren tragen, wenn die Reise erst nach Ausrufen der Pandemie durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 11.03.2020 gebucht wurde. Das hat das Landgericht Koblenz im Fall einer Kreuzfahrt entschieden.
Darum geht es
Der Kläger buchte am 29.04.2021 für seine Frau und sich bei der Beklagten eine zweiwöchige Kreuzfahrt entlang der norwegischen Postschiffroute zum Reisepreis von 7.234 €. Die Kreuzfahrt sollte im Januar 2022 stattfinden.
Am 10.12.2021 informierte die Beklagte den Kläger, dass der gebuchte Landausflug zum Konzert in der Eismeerkathedrale in Tromso wegen coronabedingter Einschränkungen storniert werden müsse.
Nachdem das Auswärtige Amt aufgrund der Omikron-Variante des Coronavirus Norwegen als Hochrisikogebiet einstufte, trat der Kläger am 28.12.2021 von der Reise zurück und verlangte die Rückerstattung des gezahlten Reisepreises.
Die Beklagte erstattete 10 % des Reisepreises zzgl. der der vereinnahmten Gebühren für den Landausflug in Höhe von insgesamt 901,60 €.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Corona-Pandemie am Reiseort außergewöhnliche Umstände im Sinne des § 653h Abs. 3 BGB darstellen würden, sodass die Beklagte nicht berechtigt sei, die vereinbarten Stornokosten in Höhe von 90 % des Reisepreises zu verlangen.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Rückerstattung der einbehaltenen Stornogebühren in Höhe von 6.332,40 €.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Das Landgericht Koblenz hat die Klage abgewiesen.
Der Kläger konnte vorliegend nach Auffassung der Kammer nicht kostenfrei von der gebuchten Reise zurücktreten, weil die Beklagte einen Anspruch auf die vereinbarten Stornokosten in Höhe von 90 % des Reisepreises hatte.
Vorliegend könne der Kläger sich nicht auf die Ausnahmevorschrift des § 651h Abs. 3 BGB berufen. Zwar stelle die Corona-Pandemie grundsätzlich einen außergewöhnlichen Umstand dar, der nach der Rechtsprechung des BGH zum entschädigungslosen Rücktritt berechtige.
Voraussetzung dieser Rechtsprechung sei jedoch, dass die Reise vor dem Ausrufen der Pandemie durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 11.03.2020 gebucht wurde.
Dagegen können nach Auffassung der Kammer für gebuchte Reisen nach diesem Zeitpunkt Folgen der Corona-Pandemie nicht mehr ohne weiteres als unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände angesehen werden, die grundsätzlich einen entschädigungslosen Rücktritt von der Reise ermöglichen.
Im Rahmen einer durchgeführten Abwägung ist die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Kläger zum Zeitpunkt der Buchung der Reise bewusst gewesen sei, dass bei der beabsichtigten Reise weiterhin mit Beeinträchtigungen sowie wechselnden Maßnahmen zur Eindämmung des wellenförmigen Pandemieverlaufs zu rechnen sei, wobei konkrete Einzelmaßnahmen der Behörden nicht vorhersehbar sein mussten.
Insoweit hätte der Kläger bereits bei Buchung der Reise aufgrund des bisherigen Pandemieverlaufs damit rechnen müssen, dass die beabsichtigte Reise weiterhin durch coronabedingte Einschränkungen und Risiken beeinflusst wird.
Wenn sich der Kläger bei der Buchung also dennoch für eine Reise entscheidet, bei der pandemiebedingte Beeinträchtigungen als naheliegendes Risiko ernsthaft in Betracht gezogen werden mussten, ist dies nicht mehr außergewöhnlich, sodass er sich nicht auf die Ausnahmevorschrift des § 651h Abs. 3 BGB berufen kann.
Landgericht Koblenz, Urt. v. 01.02.2023 - 3 O 140/22
Landgericht Koblenz, Pressemitteilung v. 31.03.2023