Vollstreckung von Ansprüchen: Corona-Hilfe nicht pfändbar?

Können Gläubiger Zahlungsansprüche vollstrecken, indem sie auf Geld zugreifen, dass Schuldner als Corona-Soforthilfe erhalten haben? Das Landgericht Köln hat entschieden, dass solche zweckgebundenen Hilfsleistungen bei Altschulden unpfändbar sind, weil dies sonst mit dem Zweck der Zahlung, die wirtschaftliche Existenz zu sichern und Liquiditätsengpässe zu überbrücken, unvereinbar wäre.

Darum geht es

Der Gläubiger geht aus einem Titel über Honorarforderungen aus Steuerberatertätigkeit in den Jahren 2014 und 2015 gegen den Schuldner vor. Dazu ließ er sich den Anspruch des Schuldners auf Auszahlung seines Kontoguthabens gegenüber seiner Bank pfänden und zur Einziehung überweisen. Das Konto wird als Pfändungsschutzkonto geführt.

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Der Schuldner erhielt über das Programm zur Gewährung von Corona-Soforthilfen 9.000 € als einmalige Pauschale bewilligt mit der Maßgabe, dass die Soforthilfe vollumfänglich zur Kompensation der unmittelbar durch die Corona-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Engpässe genutzt werden soll.

Der Schuldner beantragte gegenüber dem Amtsgericht die Aufhebung der Pfändung auf seinem Konto und die Freigabe des Betrages in Höhe von 9.000 € für sich und für den laufenden Lebensunterhalt seiner Familie. Das Amtsgericht gab die Corona-Soforthilfe in voller Höhe an den Schuldner frei.

Hiergegen erhob der Gläubiger sofortige Beschwerde und machte geltend, der Schuldner sei nicht schutzwürdig. Immerhin fahre er einen Pkw der gehobenen Mittelklasse und hätte seine Schulden längst bei ihm begleichen können.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Das Landgericht Köln hat nun bestätigt, dass das Amtsgericht Köln den vollen Betrag der Corona-Soforthilfe zu recht an den Schuldner freigegeben hatte.

Da das Zwangsvollstreckungsrecht den Antrag auf Freigabe der Corona-Soforthilfe von einem sogenannten Pfändungsschutzkonto nicht kennt, hat das Landgericht den Antrag als Vollstreckungsschutzantrag des Schuldners nach § 765a ZPO ausgelegt.

Der Anspruch des Schuldners auf die Corona-Soforthilfe sei unpfändbar und schließe daher den Gläubigerzugriff aus, soweit dieser mit dem der Zahlung zugrunde liegenden Zweck unvereinbar wäre.

Der Anspruch des Schuldners auf Gewährung der Corona-Soforthilfe ist demnach ein nach § 851 Absatz 1 ZPO unpfändbarer Anspruch. Das Gericht bezieht sich dabei auf die BGH-Rechtsprechung, wonach Fälle der Zweckbindung als Pfändungshindernisse anerkannt werden (vgl. BGH, Beschl. v. 05.11.2004 - IXa ZB 17/04).

Die Zweckbindung der Corona-Soforthilfe ergibt sich demnach aus dem Leistungszweck der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz des Begünstigten und der Überbrückung von Liquiditätsengpässen infolge der Corona Pandemie. Sie kann daher nicht zur Befriedigung von Altschulden dienen.

Das Gericht stellt insoweit klar, dass der Gläubiger vorliegend auch kein sog. Anlassgläubiger ist, der von der Zweckgebundenheit der Corona-Soforthilfe geschützt wäre. So kann der Anspruch auf Corona-Soforthilfe etwa zugunsten von aktuellen Vermietern, Leasinggebern oder Lieferanten des Schuldners gepfändet werden.

Altgläubiger - so wie im vorliegenden Fall der Gläubiger - können auf die Corona-Soforthilfe hingegen nicht im Wege der Forderungspfändung zugreifen.

Es darf nach dem Gericht auch keinen Unterschied machen, dass die Corona Soforthilfe auf ein besonderes Pfändungsschutzkonto überwiesen wurde. Es ist demnach geboten, entsprechende Defizite des Instituts des Pfändungsschutzkontos unter Heranziehung des § 765a ZPO im vorliegenden Fall zu korrigieren, weil dies andernfalls unbillig wäre und der Intention des Gesetzgebers zuwider laufen würde.

Landgericht Köln, Beschl. v. 23.04.2020 - 39 T 57/20

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