Auch Arbeitsstellenbewerber können gesetzlich unfallversichert sein. Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass der Sturz einer Bewerberin bei einer Betriebsbesichtigung, durch den sie sich während eines eintägigen unentgeltlichen „Kennenlern-Praktikums“ verletzt hatte, als Arbeitsunfall einzustufen ist. Die Berufsgenossenschaft und die Vorinstanzen hatten das noch anders beurteilt.
Darum geht es
Die arbeitsuchende Klägerin absolvierte bei einem Unternehmen ein unentgeltliches eintägiges „Kennenlern-Praktikum“ auf der Grundlage einer „Kennenlern-/Praktikums-Vereinbarung“ mit diesem Unternehmen.
Während des „Kennenlern-Praktikums" fanden unter anderem Gespräche, eine Betriebsführung, ein fachlicher Austausch mit der IT-Abteilung und zum Abschluss die Besichtigung eines Hochregallagers statt.
Bei der Besichtigung des Hochregallagers stürzte die Klägerin und brach sich den rechten Oberarm.
Wesentliche Entscheidungsgründe
Anders als die beklagte Berufsgenossenschaft und die Vorinstanzen hat das Bundessozialgericht festgestellt, dass die Klägerin einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Die Klägerin war zum Zeitpunkt des Unfalles Teilnehmerin einer Unternehmensbesichtigung. Teilnehmer einer Unternehmensbesichtigung sind nach der Satzung der beklagten Berufsgenossenschaft - im Unterschied zu Satzungen anderer Unfallversicherungsträger - unfallversichert.
Das eigene - unversicherte - Interesse der Klägerin am Kennenlernen des potenziellen zukünftigen Arbeitgebers steht dem Unfallversicherungsschutz kraft Satzung hier nicht entgegen.
Die Satzungsregelung der Beklagten ist nicht auf Personen beschränkt, deren Aufenthalt im Unternehmen ausschließlich der Besichtigung dient.
Unternehmer sollen vielmehr umfassend von Haftungsrisiken befreit werden, die durch erhöhte Gefahren bei Unternehmensbesuchen entstehen können.
BSG, Urt. v. 31.03.2022 - B 2 U 13/20 R