BVerfG - Beschluß vom 21.07.1992
1 BvR 1282/88
Normen:
BGB § 138 Abs. 1 § 362 Abs. 1 ; GG Art. 1 Abs. 1, Abs. 3 Art. 2 Abs. 1 Art. 3 Abs. 1 ; ZPO § 850c ;
Vorinstanzen:
BGH - Urteil vom 14.07.1988 - III ZR 229/87 - BGHR BGB § 138 Abs. 1 Darlehen 1,

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Beurteilung eines Darlehensvertrages als sittenwidrig

BVerfG, Beschluß vom 21.07.1992 - Aktenzeichen 1 BvR 1282/88

DRsp Nr. 2005/15859

Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Beurteilung eines Darlehensvertrages als sittenwidrig

1. Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG mag es im Einzelfall nahelegen, eine privatrechtliche Abrede, durch die sich eine Partei jeglicher Handlungsfreiheit für die Zukunft begibt, als sittenwidrig zu bewerten. 2. Andererseits kann aus Art. 2 Abs. 1 GG kein grundrechtlicher Anspruch auf ein schuldenfreies Leben hergeleitet werden. Das Grundrecht mag allerdings in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gebieten, im Rahmen der Zwangsvollstreckung dem Schuldner soviel seines Erwerbseinkommens zu belassen, daß er davon noch, gemessen an bescheidenen Bedürfnissen, seinen notwendigen Lebensunterhalt bestreiten kann. Die Festlegung der Geldbeträge im Einzelnen ist allerdings Sache des Gesetzgebers, dem hierbei ein Entscheidungsspielraum zur Verfügung steht. 3. Verbleibt für die Lebensführung von sechs Personen ein deutlich unter dem pfändungsfreien Betrag aus der Tabelle zu § 850c ZPO in der Fassung des Gesetzes vom 8. März 1984 (BGBl. I S. 364) liegeder Betrag, muß diese Unterschreitung noch nicht von Verfassungs wegen die Sittenwidrigkeit des Kreditvertrages begründen.

Normenkette:

BGB § 138 Abs. 1 § 362 Abs. 1 ; GG Art. 1 Abs. 1, Abs. 3 Art. 2 Abs. 1 Art. 3 Abs. 1 ; ZPO § 850c ;

Gründe: