LG Bielefeld, vom 25.09.2001 - Vorinstanzaktenzeichen 2 O 304/01
Zur Haftungsverteilung bei Kfz-Unfall auf Autobahn - Abwägung zwischen Überschreiten der Richtgeschwindigkeit und unvermutetem Fahrspurwechsel
OLG Hamm, Urteil vom 15.03.2002 - Aktenzeichen 9 U 188/01
DRsp Nr. 2002/16034
Zur Haftungsverteilung bei Kfz-Unfall auf Autobahn - Abwägung zwischen Überschreiten der Richtgeschwindigkeit und unvermutetem Fahrspurwechsel
1. Für Fahrzeugführer, die die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h auf Bundesautobahnen überschreiten, ist die Unabwendbarkeit eines Unfalles i. S. v. § 7 Abs. 2StVG grundsätzlich zu verneinen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn derjenige, der sich auf § 7 Abs. 2StVG beruft, den Nachweis führt, dass es auch bei Einhaltung der Richtgeschwindigkeit zu einem Unfall mit vergleichbar schweren Schäden gekommen wäre.2. Für die endgültige Haftungsverteilung bei einem Kfz-Unfall ist die nach § 17 Abs. 1 Satz 2 StVG vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge bzw. Betriebsgefahren maßgebend. Dabei kann eine wegen Überschreitung der Richtgeschwindigkeit sich ergebende unfallursächlich gewordene Betriebsgefahr gegenüber einer durch grob verkehrswidriges Verhalten hervorgerufenen Betriebsgefahr vollständig zurücktreten.3. Unabhängig von der Anwendbarkeit der Vorschrift des § 7 Abs. 5StVO auch für Autobahnen ergibt sich die Qualifizierung eines "überraschenden" Fahrbahnwechsels als grobe Verkehrswidrigkeit jedenfalls aus der mit unvermuteten Fahrstreifenwechseln im Schnellverkehr verbundenen hohen Unfallgefahr.