OLG Thüringen - Urteil vom 28.02.2012
4 U 527/11
Normen:
BGB § 842; SGB X § 116 Abs. 10;
Vorinstanzen:
LG Erfurt, vom 17.06.2011 - Vorinstanzaktenzeichen 9 O 1855/10

Gesetzlicher Forderungsübergang auf die gesetzliche Rentenversicherung bei Unfallverletzung eines ALG-II-Empfängers

OLG Thüringen, Urteil vom 28.02.2012 - Aktenzeichen 4 U 527/11

DRsp Nr. 2012/7798

Gesetzlicher Forderungsübergang auf die gesetzliche Rentenversicherung bei Unfallverletzung eines ALG -II-Empfängers

Mit Inkrafttreten des SGB II (zum 1.1.2005) ist das Arbeitslosengeld II an die Stelle von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe getreten. Die Arbeitslosenhilfe war (bis Ende 2004) eine Entgeltersatzleistung, die sich der Höhe nach auf die zuletzt ausgeübte Beschäftigung bezog (Lohnausfallprinzip); vorausgesetzt war, dass der Leistungsempfänger vor dem Bezug von Arbeitslosenhilfe eine beitragspflichtige Erwerbstätigkeit ausgeübt hatte. Demgegenüber ist das Arbeitslosengeld II bedarfsorientiert; es orientiert sich am individuell zu ermittelten Bedarf des Leistungsempfängers (Bedürftigkeitsprinzip). Die Ausübung einer beitragspflichtigen Erwerbstätigkeit ist nicht (mehr) erforderlich; es genügt, dass der Leistungsempfänger erwerbsfähig ist. Damit ist ein (vom Gesetzgeber gewollter) Systemwechsel verbunden, der im Ergebnis bedeutet, dass dem Arbeitslosengeld II eine Lohnersatzfunktion abgesprochen werden muss. Kommt dem Arbeitslosengeld II mithin eine Lohnersatzfunktion nicht zu, stellen für einen unfallbedingten Wegfall des Arbeitslosengeldes II erbrachte Rentenleistungen keinen übergangsfähigen Erwerbsschaden im Sinne von § 842 BGB dar.