Richterliche Unabhängigkeit und Dienstaufsicht im Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeit
BVerfG, Beschluß vom 22.10.1974 - Aktenzeichen 2 BvR 147/70
DRsp Nr. 1996/8177
Richterliche Unabhängigkeit und Dienstaufsicht im Bereich der Arbeitsgerichtsbarkeit
1. Grundsätzlich beeinträchtigen dienstaufsichtliche Befugnisse der obersten Landesbehörde, sofern sie sich in den Grenzen des § 26DRiG halten, nicht die richterliche Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 2GG).2. Verwaltungszuständigkeiten eines Gerichtspräsidenten (hier: Dienstaufsicht) gehören - im Gegensatz zur Mitwirkung an der Rechtsprechung - nicht zum Kern des richterlichen Amtes mit der Folge, dass ihr Entzug weder die sachliche noch die persönliche Unabhängigkeit des Richters berührt.3. Die Einschränkung der Dienstaufsicht des Präsidenten des Landesarbeitsgerichts über die nachgeordneten Arbeitsgerichte konnte durch Rechtsverordnung des zuständigen Ministeriums erfolgen, da § 15 Abs. 2ArbGG eine Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG genügende Ermächtigungsgrundlage enthält.4. Eine Anordnung in der Form einer Bekanntmachung kann grundsätzlich jederzeit ohne Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 oder Art 20 Abs. 3GG - auch vor Abschluss eines anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zur Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit - durch eine inhaltsgleiche Verordnung (oder ein Gesetz) ersetzt werden, wenn die ursprüngliche Form bedenklich erscheint und ein sachlicher Grund für die Verordnung vorliegt.