LAG Mecklenburg-Vorpommern - Urteil vom 10.01.2008
1 Sa 133/07
Normen:
GG Art. 5 Abs. 1 ; BAT-O § 54 ; KSchG § 1 Abs. 2 Satz 1 ;
Vorinstanzen:
ArbG Neubrandenburg, vom 30.03.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 5 Ca 977/06

Ordentliche Kündigung ohne Abmahnung bei ehrverletzenden Äußerungen über Schulamtsleiter durch offenen Brief

LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 10.01.2008 - Aktenzeichen 1 Sa 133/07

DRsp Nr. 2008/9645

Ordentliche Kündigung ohne Abmahnung bei ehrverletzenden Äußerungen über Schulamtsleiter durch offenen Brief

1. Stellt ein Lehrer in einem offenen Brief die Behauptung auf, der Schulamtsleiter habe Schulleiterstellen kommissarisch besetzt, um damit vor allem "Pfründe an CDU-Mitglieder oder dieser Partei nahestehender Personen zu verteilen", und wirft er dem Schulamtsleiter vor, die Frauenquote nicht beachtet zu haben und außerdem "das Gebot einer entwickelten demokratischen Amtsführung" nicht eingehalten zu haben, und bringt er schließlich seine Vermutung zum Ausdruck, der Schulamtsleiter werde die endgültige Besetzung der Schulleiterstellen anhand "praktizierter Leerformeln" besetzen, um auf diesem Weg sowohl die Frauenquote als auch abweichende Voten der Schulkonferenz zu umgehen, kommt eine Rechtfertigung dieser Behauptungen durch Art. 5 Abs. 1 GG (Meinungsäußerungsfreiheit) nicht in Betracht, wenn der Arbeitnehmer diese ehrverletzenden Äußerungen nicht ansatzweise substantiell belegen kann.2. Der Arbeitnehmer muss sich zudem im Rahmen der Veröffentlichung des offenen Briefes darüber im Klaren sein, dass der Arbeitgeber darauf nicht unterhalb der Schwelle des Ausspruches (jedenfalls) einer fristgemäßen Kündigung reagieren wird, weshalb vor Ausspruch einer ordentlichen Kündigung eine Abmahnung nicht erforderlich ist.

Normenkette: