Anspruch auf Entschädigung wegen überlanger sozialgerichtlicher VerfahrensdauerAnforderungen an die Angemessenheitsprüfung beim Abwarten auf eine entscheidungserhebliche Leitentscheidung
LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 20.04.2018 - Aktenzeichen L 12 SF 46/17 EK
DRsp Nr. 2018/8858
Anspruch auf Entschädigung wegen überlanger sozialgerichtlicher VerfahrensdauerAnforderungen an die Angemessenheitsprüfung beim Abwarten auf eine entscheidungserhebliche Leitentscheidung
1. Das Abwarten auf eine entscheidungserhebliche Leitentscheidung gilt als sog. aktive Bearbeitungszeit mit der Folge, dass ein Verfahren trotz einer Verfahrenslaufzeit von 2 Jahren und 8 Monaten, regelmäßiger Wiedervorlagen zu Verfahrensbeginn sowie eigenständiger Ermittlungen und nachfolgender Verfügung ins Sitzungsfach keine gerichtliche Inaktivität feststellbar ist.2. Das Abwarten auf eine Leitentscheidung kann dabei auch ohne förmliche Aussetzung oder einen Ruhensbeschluss vom Gestaltungsspielraum des Gerichts gedeckt sein, wenn für das Entschädigungsgericht hinreichend erkennbar ist, dass das Gericht auf eine Leitentscheidung gewartet und das Verfahren aus diesem Grund nicht gefördert hat.
1. Das Entschädigungsverfahren eröffnet keine weitere Instanz zur rechtlichen Kontrolle des Handelns des Ausgangsgerichts mit Ausnahme von willkürlich erscheinenden Annahmen des Ausgangsgerichts.2. Hinsichtlich der Verfahrensgestaltung und -leitung hat das Ausgangsgericht ein weites Ermessen.3. Begrenzt wird dieses Ermessen durch die Beachtung der Bedeutung und Tragweite des Menschenrechts aus Art. 6 Abs. 1EMRK bzw. des Grundrechts aus Art. 19 Abs. 4GG.
Tenor
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