BVerfG - Beschluß vom 19.08.1987
2 BvR 815/84
Normen:
EMRK Art. 6 Abs. 2 ; GG Art. 2 Abs. 1 Art. 20 Abs. 3 ; MRK Art. 6 Abs. 2 ; StPO §§ 471 397 153a ;
Fundstellen:
NStE Nr. 3 zu § 153 a StPO
NStZ 1988, 84
StV 1988, 31
Vorinstanzen:
I. AG Kaufbeuren - Strafbefehl vom 05.03.1984 - Cs 22 Js 18616/83,
AG Kaufbeuren, vom 26.03.1984 - Vorinstanzaktenzeichen 22 Js 18616/83
LG Kempten, vom 25.05.1984 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Qs 159/84

Strafverfahrensrechtliche Kostenentscheidung und Unschuldvermutung

BVerfG, Beschluß vom 19.08.1987 - Aktenzeichen 2 BvR 815/84

DRsp Nr. 1994/2541

Strafverfahrensrechtliche Kostenentscheidung und Unschuldvermutung

Die Unschuldsvermutung verbietet, wenn das Verfahren vor Schaffung der prozeßordnungsgemäßen Voraussetzungen für das Erkenntnis zur Schuldfrage eingestellt wird, dem Richter, Schuld festzustellen und Schuld zuzuweisen. Dies gilt auch für eine Entscheidung über die notwendigen Auslagen des Nebenklägers.

Normenkette:

EMRK Art. 6 Abs. 2 ; GG Art. 2 Abs. 1 Art. 20 Abs. 3 ; MRK Art. 6 Abs. 2 ; StPO §§ 471 397 153a ;

Gründe:

A. Das Verfahren betrifft im Schwerpunkt die Reichweite der Unschuldsvermutung bei einer Kostenentscheidung, durch die dem Angeklagten in Analogie zu den für das Privatklageverfahren geltenden Kostenvorschriften die notwendigen Auslagen des Nebenklägers auferlegt wurden.

I. Gegen den Beschwerdeführer war vor dem Amtsgericht Kaufbeuren ein Verfahren wegen vorsätzlicher Körperverletzung anhängig. Der Beschwerdeführer soll als Hausmeister in dem von ihm zu betreuenden Mietshaus einen 11jährigen Jungen, den Nebenkläger, geohrfeigt haben.

1. Gegen einen zunächst ergangenen Strafbefehl vom 21. Dezember 1983 legte der Beschwerdeführer Einspruch ein, nachdem er unter dem 14. Dezember 1983 zu den Vorwürfen Stellung genommen hatte; zu diesem Zeitpunkt hatte die Staatsanwaltschaft den Strafbefehlsantrag bereits gestellt.