BVerfG - Beschluß vom 16.07.1987
2 BvR 787/84
Normen:
EMRK Art. 6 Abs. 2 ; GG Art. 2 Abs. 1 Art. 20 Abs. 3 ; MRK Art. 6 Abs. 2 ; StPO § 471 Abs. 3 Nr. 2 ;
Fundstellen:
NStE Nr. 2 zu § 471 StPO
Vorinstanzen:
I. AG Neumarkt - Beschluß vom 22.03.1984 - Bs 9/84,
LG Nürnberg-Fürth, vom 12.04.1984 - Vorinstanzaktenzeichen 4 Qs 13/84

Strafverfahrensrechtliche Kostenentscheidung und Unschuldsvermutung

BVerfG, Beschluß vom 16.07.1987 - Aktenzeichen 2 BvR 787/84

DRsp Nr. 1994/2544

Strafverfahrensrechtliche Kostenentscheidung und Unschuldsvermutung

Mit der Unschuldvermutung ist es nicht vereinbar, wenn das Gericht, ohne zuvor die Hauptverhandlung bis zur Schuldspruchreife durchgeführt zu haben, die Kosten- und Auslagenentscheidung nach § 471 Abs. 3 Nr. 2 StPO auf die Annahme gründet, der Beschuldigte sei einer strafbaren Handlung schuldig.

Normenkette:

EMRK Art. 6 Abs. 2 ; GG Art. 2 Abs. 1 Art. 20 Abs. 3 ; MRK Art. 6 Abs. 2 ; StPO § 471 Abs. 3 Nr. 2 ;

Gründe:

A. Das Verfahren betrifft die Frage, ob der Beschwerdeführer durch die Auferlegung von Kosten und Auslagen gemäß § 471 Abs. 3 Nr. 2 StPO nach Einstellung eines gegen ihn eingeleiteten Privatklageverfahrens in seinen Grundrechten verletzt ist.

I. Der Beschwerdeführer war in einem Privatklageverfahren der Beleidigung beschuldigt. Er soll - aus Wut über seinen Nachbarn, den Privatkläger - das Wort "Schweine" an ein Gebäude gesprüht haben, so daß es der Privatkläger sehen konnte. Der Beschwerdeführer gestand dies ein, berief sich jedoch auf ein Notwehrrecht, weil der Privatkläger und dessen Familie ihn ständig schikaniert und ihrerseits mit Beleidigungen überhäuft hätten.