BVerfG - Beschluss vom 26.11.1999
1 BvR 653/99
Normen:
BAföG § 10 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 3, Satz 3 ; BVerfGG § 34a Abs. 3 ; GG Art. 3 Abs. 1 Art. 6 Abs. 2 ;
Fundstellen:
AuR 2000, 64
DVP 2000, 211
EzFamR aktuell 2000, 149
FamRZ 2000, 476
NVwZ 2000, 312
SozSich 2000, 143
WissR 2000, 359
Vorinstanzen:
VG Hamburg, vom 28.01.1999 - Vorinstanzaktenzeichen 2 VG 5647/98
OVG Hamburg, vom 05.03.1999 - Vorinstanzaktenzeichen 4 Bs 58/99

Ausbildungsförderung zur Erlangung der allgemeinen Hochschulreife auf dem Zweiten Bildungsweg

BVerfG, Beschluss vom 26.11.1999 - Aktenzeichen 1 BvR 653/99

DRsp Nr. 2006/11954

Ausbildungsförderung zur Erlangung der allgemeinen Hochschulreife auf dem Zweiten Bildungsweg

1. Insbesondere bei der Sorge für Unterhalt und Erziehung nichtehelicher Kinder verbietet es sich, deren Mütter bei Erwerbstätigkeit von BAföG-Leistungen auszuschließen. Eine solche Auslegung widerstreitet dem verfassungsrechtlichen Gebot, für die nichtehelichen Kinder die gleichen Bedingungen für ihre Entwicklung zu schaffen wie den ehelichen Kindern. Ihre soziale Stellung hängt vornehmlich von derjenigen ihrer Mütter ab, die durch eine weitere Ausbildung eine Verbesserung ihres sozialen Status anstreben. 2. Die Erwerbstätigkeit einer alleinerziehenden Person nach der Geburt des Kindes darf deshalb allenfalls dann zur Unanwendbarkeit des § 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 BAföG 1995 führen, wenn diese auch ohne ihre Erwerbstätigkeit ein Familieneinkommen hätte, das ohne Berücksichtigung bedürftigkeitsabhängiger Sozialleistungen oberhalb der Leistungen der Sozialhilfe läge. Hat eine alleinerziehende Person nur die Wahl zwischen ganztägiger Kindererziehung unter Inanspruchnahme von Sozialhilfe oder Betreuung der Kinder durch Dritte, um selbst einer Erwerbstätigkeit nachgehen zu können, darf sie wegen dieses wirtschaftlichen Zwangs nicht schlechter gestellt werden als eine Person, die sich ohne wirtschaftliche Sorgen ganz der Kindererziehung widmen kann.