VerfGH Berlin - Beschluss vom 21.12.2000
92/00
Normen:
MRK Art. 6 Abs. 2 ; StPO § 374 Abs. 2 Nr. 4 § 383 Abs. 2 Satz 1 § 471 Abs. 3 Nr. 2 ; VvB (Verfassung von Berlin) Art. 9 Abs. 2 ;
Fundstellen:
NStZ-RR 2001, 203
Vorinstanzen:
AG Berlin-Tiergarten, vom 19.05.2000 - Vorinstanzaktenzeichen 289 Bs 27/97
LG Berlin, vom 08.06.2000 - Vorinstanzaktenzeichen 502 Qs 41/00

Auferlegung der Verfahrenskosten bei Einstellung eines Privatklageverfahrens: Unschuldsvermutung - Schuldspruchreife

VerfGH Berlin, Beschluss vom 21.12.2000 - Aktenzeichen 92/00

DRsp Nr. 2004/6888

Auferlegung der Verfahrenskosten bei Einstellung eines Privatklageverfahrens: Unschuldsvermutung - Schuldspruchreife

1. Nach Art. 9 Abs. 2 VvB kommt der Unschuldsvermutung als besondere Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips Verfassungsrang zu. 2. Die Unschuldsvermutung verwehrt es den Strafverfolgungsorganen grundsätzlich nicht, schon vor Abschluss der Hauptverhandlung verfahrensbezogen den Grad des Verdachts einer strafbaren Handlung zu beurteilen. Allerdings dürfen sie Festlegungen zur Schuld erst treffen, wenn die Schuld des Angeklagten in einem bis zum prozessordnungsmäßigen Abschluss durchgeführten Strafverfahren nachgewiesen und Schuldspruchreife eingetreten ist. 3. Hat das Amtsgericht in einem Privatklageverfahren Beweisaufnahme noch nicht geschlossen und die Beteiligten nicht zu Schlussvorträgen oder zum letzten Wort aufgefordert, war das Privatklageverfahren dennoch bis zur Schuldspruchreife gediehen, da das Gericht erkennbar alle für erforderlich gehaltenen Beweise erhoben, aufgrund dessen seine Einschätzung zur Schuld des Angeklagten mitgeteilt und dem Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte, von der der Beschwerdeführer auch Gebrauch gemacht hat.

Normenkette:

MRK Art. 6 Abs. 2 ; StPO § 374 Abs. 2 Nr. 4 § 383 Abs. 2 Satz 1 § 471 Abs. 3 Nr. 2 ; VvB (Verfassung von Berlin) Art. 9 Abs. 2 ;

Gründe:

I.