OLG Hamburg - Urteil vom 21.02.2019
3 U 35/15
Normen:
ZPO § 185 Nr. 3; ZPO § 186 Abs. 1 S. 1; ZPO § 339 Abs. 2; ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 1 und 2; GG Art. 103 Abs. 1; EMRK Art. 6 Abs. 1; EU-Grundrechtscharta Art. 47 Abs. 2;
Fundstellen:
WRP 2019, 1231
Vorinstanzen:
LG Hamburg, vom 02.03.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 327 O 250/13

Voraussetzungen der öffentlichen Zustellung der Klage bei Fehlschlagen der Zustellung im Ausland

OLG Hamburg, Urteil vom 21.02.2019 - Aktenzeichen 3 U 35/15

DRsp Nr. 2019/7924

Voraussetzungen der öffentlichen Zustellung der Klage bei Fehlschlagen der Zustellung im Ausland

1. Die öffentliche Zustellung von Klagen ist fehlerhaft, wenn ihr zugrunde liegt, dass ein erster Zustellversuch an die im Ausland (hier: China) ansässige Beklagte daran scheitert, dass eine vollständige Übersetzung der zuzustellen Anlagen zu einer Klagschrift fehlten. 2. Wird ein Zustellersuchen im Ausland (hier: China) zurückgewiesen, weil die angegebene Adresse unbekannt sei, und weist die Übersetzung der in der Klagschrift angegebenen Adresse - wenn auch nur geringfügig - von der Adresse ab, unter der die Beklagte im (hier: chinesischen) Handelregister eingetragen ist, dann liegen die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung jedenfalls dann nicht vor, wenn bei den Behörden des Zustellstaates keine Nachfrage gehalten worden ist. 3. Für eine wirksame öffentliche Zustellung eines Titels ist es unter Berücksichtigung von Art. 103 Abs. 1 GG, Art 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 Abs. 2 EU-Grundrechtscharta zwingend erforderlich, den (hier in China ansässigen) Zustelladressaten jedenfalls informell von dem Verfahren und insbesondere von dem Erlass eines vollstreckbaren Titels in Kenntnis zu setzen, wenn an diesen zwar formelle Zustellungen nicht bewirkt werden können, er aber mit modernen Kommunikationsmitteln ohne weiteres erreicht werden kann.