BVerwG - Urteil vom 27.02.2020
7 C 3.19
Normen:
UmwRG § 2 Abs. 1 S. 1; UmwRG § 2 Abs. 4 S. 2; BImSchG § 47 Abs. 1; BImSchG § 47 Abs. 4a S. 1; 39. BImSchV § 3 Abs. 2; RL 2008/50/EG Art. 13 Abs. 1;
Fundstellen:
BVerwGE 168, 20
DÖV 2020, 891
NVwZ 2020, 1191
NZV 2021, 223
ZUR 2020, 606
Vorinstanzen:
VGH Baden-Württemberg, vom 18.03.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 10 S 1977/18

Tatsächliches Bestehen einer SUP-Pflicht als Voraussetzung für die Zulässigkeit und Begründetheit einer Umweltverbandsklage auf Fortschreibung eines Luftreinhalteplans (hier: Stadt Reutlingen); Anforderungen an die gerichtliche Überprüfung von Prognosen für Luftreinhaltepläne; Ausgestaltung und Anordnung eines Verkehrsverbots i.R.d. Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit; Verkehrsverbote bei Überschreitung der Stickstoffdioxidwerte

BVerwG, Urteil vom 27.02.2020 - Aktenzeichen 7 C 3.19

DRsp Nr. 2020/9518

Tatsächliches Bestehen einer SUP-Pflicht als Voraussetzung für die Zulässigkeit und Begründetheit einer Umweltverbandsklage auf Fortschreibung eines Luftreinhalteplans (hier: Stadt Reutlingen); Anforderungen an die gerichtliche Überprüfung von Prognosen für Luftreinhaltepläne; Ausgestaltung und Anordnung eines Verkehrsverbots i.R.d. Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit; Verkehrsverbote bei Überschreitung der Stickstoffdioxidwerte

1. Weder die Zulässigkeit noch die Begründetheit einer Umweltverbandsklage auf Fortschreibung eines Luftreinhalteplans setzen das tatsächliche Bestehen einer SUP-Pflicht voraus.2. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beansprucht Geltung nicht nur hinsichtlich der Frage, wie ein Verkehrsverbot auszugestalten ist, sondern auch bei der vorgelagerten Frage, ob ein Verkehrsverbot anzuordnen ist. Ob sich ein Verkehrsverbot bei höheren als nur sehr geringfügigen Grenzwertüberschreitungen als unverhältnismäßig darstellt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.3. An die gerichtliche Überprüfung von Prognosen für Luftreinhaltepläne sind keine anderen Anforderungen zu stellen als bei sonstigen Prognosen.4. Luftreinhaltepläne müssen keine Maßnahmen für den Fall bereithalten, dass sich die Prognose der Grenzwerteinhaltung als zu positiv erweisen und absehbar nicht verwirklichen sollte.