LAG Rheinland-Pfalz - Urteil vom 22.04.2022
1 Sa 484/21
Normen:
BetrVG § 102 Abs. 1; SGB V § 295 Abs. 1; EFZG § 3 Abs. 1; EFZG § 4 Abs. 1; EFZG § 8;
Fundstellen:
EzA-SD 2023, 3
Vorinstanzen:
ArbG Koblenz, vom 04.11.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 5 Ca 98/20

Wichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGBVortäuschen einer ArbeitsunfähigkeitGrundsätze zur VerdachtskündigungDringender Verdacht einer Pflichtverletzung

LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22.04.2022 - Aktenzeichen 1 Sa 484/21

DRsp Nr. 2022/11092

Wichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit Grundsätze zur Verdachtskündigung Dringender Verdacht einer Pflichtverletzung

1. Bei einer fristlosen Kündigung ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände "an sich", d. h. typischerweise, als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der Umstände des Falles jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht. 2. Das Vortäuschen von Arbeitsunfähigkeit kann einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB bilden. 3. Der dringende, auf objektive Tatsachen gestützte Verdacht einer erheblichen Pflichtverletzung ist "an sich" als Grund für eine außerordentliche Kündigung geeignet. Dabei sind die bei Kündigungsausspruch bekannten Tatsachen von Bedeutung, auch später bekannt gewordene Umstände können den Verdacht bestärken und berücksichtigt werden. 4. Ein Verdacht ist dringend, wenn eine große Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass er zutrifft. Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, das eine Kündigung nicht zu rechtfertigen vermag.

Tenor

I. 1. 2. II. III. IV.