LAG Niedersachsen - Urteil vom 22.10.2020
16 Sa 324/20
Normen:
GG Art. 1 Abs. 3; GG Art. 3 Abs. 1; GG Art. 9 Abs. 3; ArbZG § 6 Abs. 5; MTV Erfrischungsgetränkeindustrie Niedersachsen v. 10.03.1998 § 4 Nr. I.5. und Nr. II.1. Buchst. c)-d);
Vorinstanzen:
ArbG Hildesheim, vom 06.02.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 1 Ca 144/19

Weiter Gestaltungsspielraum der TarifvertragsparteienGrundrechtsausübung und Beachtung des GleichheitsgrundsatzesUnterschiedliche tarifliche Zuschlagshöhe bei der NachtarbeitSachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Zuschlagshöhe bei der Nachtarbeit

LAG Niedersachsen, Urteil vom 22.10.2020 - Aktenzeichen 16 Sa 324/20

DRsp Nr. 2021/18701

Weiter Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien Grundrechtsausübung und Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes Unterschiedliche tarifliche Zuschlagshöhe bei der Nachtarbeit Sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Zuschlagshöhe bei der Nachtarbeit

1. Den Tarifvertragsparteien als selbstständigen Grundrechtsträgern kommt durch die in Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Sie haben eine Einschätzungsprärogative in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten, betroffenen Interessen und Rechtsfolgen. 2. Der Schutzauftrag des Art. 1 Abs. 3 GG verpflichtet die staatlichen Arbeitsgerichte dazu, die Grundrechtsausübung durch die Tarifvertragsparteien zu beschränken, wenn diese mit den Freiheits- und Gleichheitsrechten oder anderen Rechten mit Verfassungsrang der Normunterworfenen kollidiert. Sie müssen insoweit eine praktische Konkordanz herstellen und gleichheitswidrige Differenzierungen in Tarifnormen unterbinden. 3. Sieht ein Tarifvertrag für regelmäßige Nachtschichtarbeit einen Zuschlag von 25 % vor, für unregelmäßige oder sonstige Nachtarbeit, die keine Schichtarbeit ist, einen Zuschlag von 50 %, muss ein sachlich vertretbarer Grund für diese an sich gleichheitswidrige Differenzierung gegeben sein.