BGH - Urteil vom 31.05.2022
VI ZR 95/21
Normen:
BGB § 823; GG Art. 5;
Fundstellen:
GRUR 2022, 1359
MDR 2022, 1218
NJW-RR 2022, 1559
VersR 2022, 1168
WRP 2022, 1450
ZUM 2022, 749
Vorinstanzen:
LG Köln, vom 29.01.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 28 O 221/19
OLG Köln, vom 18.02.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 15 U 44/20

Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung (hier: Pressebericht über Hauptverhandlung im Strafverfahren

BGH, Urteil vom 31.05.2022 - Aktenzeichen VI ZR 95/21

DRsp Nr. 2022/10246

Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung (hier: Pressebericht über Hauptverhandlung im Strafverfahren

Zu den Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung (hier: Pressebericht über Hauptverhandlung im Strafverfahren).

1. Bei der Abwägung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung mit der damit zwangsläufig verbundenen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Täters verdient für die aktuelle Berichterstattung über Straftaten das Informationsinteresse im Allgemeinen den Vorrang. Denn wer den Rechtsfrieden bricht, muss sich nicht nur den hierfür verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen, sondern er muss auch dulden, dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird.2. Auch die Berichterstattung über ein laufendes Strafverfahren unter namentlicher Nennung des Beschuldigten ist zulässig, wenn ein Mindestbestand an Beweistatsachen existiert, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst "Öffentlichkeitswert" verleihen, die Darstellung keine Vorverurteilung des Betroffenen enthält und es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handelt, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist.