LAG Sachsen-Anhalt - Urteil vom 24.11.2015
6 Sa 417/14
Normen:
KSchG § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 2; KSchG § 9 Abs. 1 S. 2; EFZG § 5 Abs. 1 S. 2; BGB § 611 Abs. 1;
Vorinstanzen:
ArbG Halle, vom 28.08.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 5 Ca 3473/13

Unwirksame verhaltensbedingte Kündigung einer Warenhausdetektivin wegen unterbliebener Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nach Ablauf der Entgeltfortzahlungsperiode

LAG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24.11.2015 - Aktenzeichen 6 Sa 417/14

DRsp Nr. 2016/5274

Unwirksame verhaltensbedingte Kündigung einer Warenhausdetektivin wegen unterbliebener Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nach Ablauf der Entgeltfortzahlungsperiode

1. Auch die schuldhafte vergeblich abgemahnte Verletzung einer Nebenpflicht kann an sich eine ordentliche Kündigung sozial rechtfertigen, und zwar auch dann, wenn es dadurch nicht zu einer Störung der Arbeitsorganisation oder des Betriebsfriedens gekommen ist; wenn derartige nachteilige Auswirkungen eingetreten sind, ist das im Rahmen der Interessenabwägung zu Lasten der Arbeitnehmerin zu berücksichtigen. 2. Die Pflicht zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit besteht auch dann, wenn kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung (mehr) gegeben ist. 3. Die Nichtübersendung von Nachweisen über die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf der Entgeltfortzahlungsperiode vermag eine verhaltensbedingte Kündigung nicht zu rechtfertigen, wenn trotz objektiver Pflichtverletzung seitens der Arbeitnehmerin Zweifel an der Schulhaftigkeit ihres Verhaltens deshalb bestehen, weil ihre Einlassung, dass sie von dem behandelnden Arzt keine "förmlichen" Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mehr erhalten hat und deshalb davon ausgegangen ist, dass nunmehr eine mündliche Information des Arbeitgebers genügt, vom Arbeitgeber nicht mit durch tatsächlich begründeten Sachvortrag erwidert worden ist.