LAG München - Beschluss vom 27.01.2010
11 TaBV 22/09
Normen:
GG Art 9 Abs. 3; BetrVG § 19 Abs. 1; BetrVG § 20 Abs. 1; BetrVG § 20 Abs. 2; WO § 12 Abs. 4 S. 2; WO § 25 S. 2; StGB § 108 Abs. 1;
Vorinstanzen:
ArbG München, vom 11.02.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 37 BV 166/08

Unwirksame Betriebsratswahl bei Verstoß gegen Grundsatz der freien Wahl; Wahlbeeinflussung durch Einsammeln von Briefwahlunterlagen am Arbeitplatz durch Spitzenkandidatin

LAG München, Beschluss vom 27.01.2010 - Aktenzeichen 11 TaBV 22/09

DRsp Nr. 2010/8998

Unwirksame Betriebsratswahl bei Verstoß gegen Grundsatz der freien Wahl; Wahlbeeinflussung durch Einsammeln von Briefwahlunterlagen am Arbeitplatz durch Spitzenkandidatin

1. Der Grundsatz der freien Wahl (§ 20 Abs. 1 und 2 BetrVG) umfasst auch die Freiheit der Entscheidung, nicht zu wählen; auch bei dieser Entscheidung dürfen Wahlberechtigte keinem unzulässigen Druck ausgesetzt werden. 2. Eine unzulässige Drucksituation und damit eine Beeinträchtigung der freien Wahl liegt vor, wenn wahlberechtigte Beschäftigte durch Personen aus dem Vorgesetzten- und Führungsbereich der Arbeitgeberin veranlasst werden, ihre Briefwahlunterlagen an den Arbeitsplatz mitzubringen; damit wird zumindest mittelbar Einfluss auf das passive Wahlrecht genommen, weil die Wahlberechtigten zwangsläufig mit einer Rechtfertigungssituation für den Fall rechnen müssen, in dem sie trotz Aufforderung durch Vorgesetzte die Briefwahlunterlagen nicht an den Arbeitsplatz mitbringen und damit eine mögliche Nichtausübung des Wahlrechts durch einfaches Nichtabsenden der Wahlunterlagen an den Wahlvorstand ohne Kenntnisnahme Dritter nicht mehr möglich ist.