BGH - Urteil vom 24.05.2022
VI ZR 206/21
Normen:
BGB § 280 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1;
Fundstellen:
MDR 2022, 1155
NJW 2022, 2747
VersR 2022, 1094
Vorinstanzen:
LG Bayreuth, vom 11.07.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 34 O 384/14
OLG Bamberg, vom 21.06.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 4 U 145/18

Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Kausalität grober Behandlungsfehler; Zurechnungszusammenhang unter Schutzzweckgesichtspunkten; Unterlassen der therapeutischen Information

BGH, Urteil vom 24.05.2022 - Aktenzeichen VI ZR 206/21

DRsp Nr. 2022/10507

Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Kausalität grober Behandlungsfehler; Zurechnungszusammenhang unter Schutzzweckgesichtspunkten; Unterlassen der therapeutischen Information

Zur Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Kausalität grober Behandlungsfehler (hier: Unterlassen der therapeutischen Information) und zum Zurechnungszusammenhang unter Schutzzweckgesichtspunkten.

1. Soweit es der Billigkeit entspricht, die durch einen groben Behandlungsfehler in das Geschehen hineingetragene Aufklärungserschwernis nicht dem Geschädigten anzulasten, bleibt für diese Billigkeitserwägungen dann kein Raum, wenn feststeht, dass nicht die dem Arzt zum groben Fehler gereichende Verkennung eines Risikos schadensursächlich geworden ist. Das ist auch, aber nicht nur dann der Fall, wenn allenfalls ein in derselben Behandlungsentscheidung zum Ausdruck gekommener, aber nicht schwerwiegender Verstoß gegen weitere ärztliche Sorgfaltspflichten schadensursächlich ist. Es ist dagegen nicht der Fall, wenn nur ein Pflichtverstoß vorliegt und sich das Risiko, dessen Verkennung den Fehler als grob erscheinen lässt, verwirklicht.2. Liegt - wie hier - nur ein einziger Pflichtverstoß vor, der allerdings verschiedene Risiken in sich birgt, kommt es darauf an, ob sich gerade dasjenige Risiko verwirklicht hat, dessen Nichtbeachtung den Fehler als grob erscheinen lässt.