BGH - Urteil vom 21.01.2022
V ZR 76/20
Normen:
BGB § 823 Abs. 2; BGB § 1004 Abs. 1 S. 1;
Fundstellen:
BGHZ 232, 252
BauR 2022, 1185
MDR 2022, 758
NVwZ 2022, 898
ZfBR 2022, 441
Vorinstanzen:
LG Ulm, vom 11.07.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 2 O 387/17
OLG Stuttgart, vom 13.03.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 5 U 351/19

Quasinegatorischer Unterlassungsanspruch eines Nachbarn aufgrund einer Verletzung seines Anspruchs auf Erhaltung des im Bebauungsplan festgesetzten Gebietscharakters (hier: Gebietserhaltungsanspruch); Genehmigung der Nutzung eines Grundstücks zum landwirtschaftlichen Zweck neben der Errichtung der Getreideübergabehalle

BGH, Urteil vom 21.01.2022 - Aktenzeichen V ZR 76/20

DRsp Nr. 2022/6415

Quasinegatorischer Unterlassungsanspruch eines Nachbarn aufgrund einer Verletzung seines Anspruchs auf Erhaltung des im Bebauungsplan festgesetzten Gebietscharakters (hier: Gebietserhaltungsanspruch); Genehmigung der Nutzung eines Grundstücks zum landwirtschaftlichen Zweck neben der Errichtung der Getreideübergabehalle

a) Die mit einer bestandskräftigen Baugenehmigung verbundene umfassende Feststellung der Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit dem einschlägigen öffentlichen Recht (Legalisierungswirkung) schließt einen auf die Verletzung nachbarschützender Vorschriften des öffentlichen Rechts gestützten Unterlassungsanspruch des Nachbarn gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB aus.b) Die Verletzung des öffentlich-rechtlichen Anspruchs auf Wahrung der im Bebauungsplan festgesetzten Gebietsart (Gebietserhaltungsanspruch) kann einen (quasinegatorischen) verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch des Nachbarn gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB begründen. Dieser Anspruch ist streng akzessorisch zum öffentlichen Recht; er kommt daher nicht in Betracht, wenn und soweit die Grundstücksnutzung von einer bestandskräftigen Baugenehmigung gedeckt ist.

Tenor